Oben, unten? Oder links und rechts? Nach „Malina“ brennt der Ofen, allerdings ohne Inhalt. Literatur. Ich habe nichts gegen Literatur, wollte ich sonst ein deutscher Oberlehrer werden? Und ich habe auch rein gar nichts gegen schwer verdauliche Literatur, ganz im Gegenteil – „Effi Briest“ sei da nur ein Beispiel, bei welcher ja allein der Garten auf mehreren Seiten beschrieben wird, so ein ordinärer oller Garten eben! Auf mehreren Seiten. Und dann das Haus. Nein, das machte wahrlich keinen Spaß, war aber für das Abi durchaus sinnvoll und für Falun – kam es doch im Germanistikstudium hier erneut auf den Plan.
Und Simone de Beauvoir und ihr „Das zweite Geschlecht“, auch nicht fein. Ganz und gar nicht. Irgendwie unfaßbar. Und wirr. Wie auch immer, schlußendlich im Ansatz begreifbar.
Aber Bachmanns „Malina“, ne, ne, ne. Ein ICH, ein IVAN, ein MALINA. Identitätskrisen, Borderline, Alter Ego. Zwiegespräche, Begegnungen – Ergebnisse? Mord? Transformation? Erkenntnisse? Stärke? Schwäche? Nähe?
Fragen über Fragen, und ich kriege die Panne, denn darf ich dieses Buch im Lichte der unterschiedlichsten feministischen literaturwissenschaftlichen Ansätze subsumieren. Und das wird ein Eiertanz. Meine Seminarpartnerin am heutigen (naja, nach der Uhrzeit am gestrigen) Tage war etwas „alle“, zumindest waren dies ihre Einführungsgedanken. Ich selber war einfach nur froh, das Buch überhaupt pünktlich fertig bekommen zu haben. Und dann saßen wir da und konferierten und meinten zu ahnen, über Dinge, die das ICH erzählte, beschlossen und verwarfen sogleich wieder, einigten uns – oder auch nicht, lasen, zitierten, mutierten.
Sehr schön. Und nun sitze ich hier, nach einem mehr als zweistündigen Seminar und sich einem angeschlossenen Abendmahle, versuche zu eruieren und zu sehen, und muß gestehen: alles eine Chose. Dabei erinnert mich das ICH immerhin an Bahnwärter Thiel. Dem ging es ja auch nicht so gut. Sah er doch längst von dannen Gegangene in seinem Wärterhäuschen und verwandelte sich im Zuge dessen immer in einen ganz anderen, und drehte zum Schluß final ab. Dies macht das ICH bei Bachmann zwar nicht, aber das ICH geht in eine Wand und teilt zum Schluß mit: „Es war Mord.“ Es fehlte eigentlich nur noch: Und nun die Wettervorhersage aus Frankfurt für morgen, den xx.xx.xxxx. Dann hätte man ein neues Thema zum Anknüpfen gehabt.
Herrje. Ich glaube, ich bin verwirrt. Zu sehr, als daß ich nun noch weiterschreiben sollte. Sonst knallt mich Alice Schwarzer irgendwann noch ab. Weil ich die weibliche Identität in ihrer feministischen Gesamtproblematik innerhalb des einzigen Romans der Bachmann nicht gleich glasklar erkenne und sehe und zeichne – obschon es meiner Seminarkollegin genauso ging, geht und wohl auch noch die nächsten Stunden gehen wird.
Damit ist dann aber auch der Mittwoch so ziemlich gelaufen. Um zehn geht es zum Sprachtandem, danach schnell, aber janz schnell, in die Uni, Bücher abholen (wen es interessiert: Christa Wolf: „Kassandra“ und „Medea – Stimmen“). Ja und dann wird meine ganze Aufmerksamkeit wieder Herrn „Malina“ gelten. Und wenn nötig bis zum Erbrechen. Zwischendurch werde ich noch versuchen, eine fernmündliche Kommunikation mit der Heimat herzustellen. Oder auch nicht. Und dann werde ich abends wohl fragen: Welchen Tag haben wir heute eigentlich? Und mein inneres Ich wird dann antworten: Vet jag inte!
Urlaub wäre schön. Und eine Bulette. Oder wenigstens ein Erdinger – ein Rostocker würde es auch schon machen. Und wenn es noch einen weiteren Wunsch frei gäbe – Klopse.
Ne, ich gehe schlafen. Und hoffe, daß ICH bleibt in der Wand. Mit Grüßen an den Rest der Welt aus einem Falun, das schon wieder mit der Null am Thermometer kämpft.