Es waren gestern dann doch zu wenige drei Stunden Schlaf, bevor es dann wieder hieß, seine Tasche beim Gepäckschalter von Air Berlin in Tegel abzugeben, durch die Sicherheit zu schreiten und völlig entspannt in den Flieger zu schleichen. Leider hat diesmal mein Konzept letzte Reihe nicht hingehauen, ich wurde von schwedischen Halberwachsenen eingekesselt, die wohl, ich rieche es immer noch, mächtig in Berlin gefeiert haben müssen. Da half auch süßes Parfum nicht, es stank einfach nur nach Alkohol.
Nun gut, das Breitmachen fiel aus, allerdings fiel mir dann aber auch ein, daß ich meine Ableger, die grünen, die ich doch mitnehmen wollte, um aus meinem Zimmer noch mehr Urwald zu machen, schlicht vergessen hatte. So dachte ich dann den halben Flug darüber nach, ob es sich dann überhaupt noch lohne, sie Anfang Juni mitzunehmen, oder ob man das auf den Sommer, also nach diesem, verschieben sollte. Immerhin, zwei Päckchen Kaffee und zwei Kürbiskernbrote sind ja mitgekommen. Auch wenn diese nun nicht gegen den widerlichen Mix aus Alkohol und Parfum ankämpfen konnten, der mich bis zur Landung plagte. Erstaunlich war die Langeweile des Fluges. Keine Turbulenzen, keine schreienden Kinder (sie kamen später), kein Wind, keine Wolke, kein NICHTS. Und da ich mich nicht den ganzen Flug mit den Ablegern auseinandersetzen wollte, schlummerte ich gelegentlich ein, aus Protest sozusagen.
Die Landung allerdings war der Anfang vom Ende. Bei 4°C betrat ich wieder den schwedischen Boden, und der Regen zog auf. Mein Hirn feierte Klimakirmes, verständlich, so insgesamt waren es dann doch 20°C Unterschied, auf das Tageswetter bezogen. Eine Zugfahrkarte gen Falun war zwar schnell erstanden, allerdings ging es via Gävle, was wieder einmal Warten auf dem dortigen Bahnhof inkludierte. Zudem merkte ich deutlich, daß ein entspanntes Nickerchen doch von Nöten wäre. Das allerdings konnte ich nach dem Betreten des X2000 (so eine Art schwedischer ICE) vergessen, eine Mama mit zwei Kindern, direkt vor mir. Schade, das eine Kind hörte nicht, das andere war zu hören. Da half auch eine massive Müdigkeit nicht, und schon gar nicht, wenn das eine Kind immer wieder herum schleicht und nichts ahnende Reisende mit einem Buh erschreckt. Ich gebe zu, bei mir wurde das nur einmal gemacht, meine Gegenreaktion darauf scheint dem Mädel nicht geheuer gewesen zu sein, der Mama übrigens auch nicht, sie fragte mich, was mein Gegenbuh wohl sollte. Da ich nicht in Laune war, Argumente auszutauschen, meinte ich nur auf Deutsch, daß ich nicht verstehen würde. Allerdings, der Müdigkeit sei es geschuldet, schaufelte ich mir damit selber mein Grab, denn die Fahrkartenkontrolle gestaltete sich mit einigen Problemen, weil der Automat mal wieder die Hälfte nicht ausgedruckt hatte – es war dann doch notwendig, erklärend zu kommunizieren, auch wenn Frau Mama erstmal ganz vorlaut meinte, der verstünde eh nichts weil Ausländer. Schade, den Zahn habe ich ihr dann gezogen. Das umtriebige Kindlein übrigens saß danach.
Wie auch immer, ich hoffte, man könne dann im Zug von Gävle nach Falun schlafen, welch Wunschträume ich wohl gehabt habe. Eine Jugendgruppe, zurückkomend aus den Skiferien, bevölkerte ihn, den Zug, sang hier und da ein Liedchen, eierte immer hin und her, und ich selber erkannte vor Müdigkeit die Landschaft nicht mehr, die an mir vorbeirauschte, es muß wohl Schlafen mit ungeschlossenen Augen gewesen sein. Zum Heulen war es einfach, lieber Leser, wenn man doch müde ist und nicht schlafen kann – ich finde das widerlich und anstrengend. Dieses Gefühl verstärkt sich noch, wenn man nach seiner Ankunft in Falun feststellen darf, daß ein Bus nicht fährt und die ganzen 2,8 km zum Studiwohnheim gelaufen werden dürfen. Nun macht mir das Laufen gar nichts aus, aber wenn man müde und sprichwörtlich ALLE ist, es zudem regnet und kalt windet, dann hat man über kurz oder lang einfach keine Lust. So kam es dann auch wie es kommen mußte: Ich habe nur noch das Brot aufgeschnitten, eine Pizza zubereitet (die gute von Hemköp), diese gegessen und dann einen gemütlichen Abend auf dem Bett begonnen, nebenbei die Simpsons guckend. Ich weiß nicht, wie viel ich von selbigen noch mitbekommen habe, allerdings weiß ich, daß ich das letzte mal um 20 Uhr auf die Uhr guckte, um dann 12 h später festzustellen, daß es wieder acht auf der Uhr wäre, allerdings am Morgen. Da hat sich wohl der Körper einiges zurückgeholt, was ihm die letzten zehn Tage sträflich vorenthalten wurde – Schlaf.
Bedauerlich, äußerst bedauerlich, ist jedoch, daß die Möwen nun zurück sind und draußen vor dem Fenster Randale und Krieg machen. Zwei Arten sind es, wie jedes Jahr, ich meine, die eine sollte die Lachmöwe sein, die andere habe ich noch nicht dechiffrieren können, so aus der Ferne, es sollte aber die Silbermöwe sein, die übrigens munter auf die kleinere Art, also die Lachmöwe, eindrischt, es finden hier regelrechte Kampfhandlungen statt, dabei ist es unerheblich wo, sie malträtieren sich in der Luft, auf dem Dach und am Boden. Äußerst verwunderlich für mich: Das allseits beliebte Onlinelexikon, dem alle vertrauen, Wikipedia meint doch tatsächlich:
Die Silbermöwe lebt am häufigsten an den Küsten von Mitteleuropa und Nordeuropa und nur selten im Binnenland.1
Da kann man nur meinen, Falun läge wohl völlig falsch auf der Weltkarte, oder die Autoren bei Wikipedia haben vergessen, daß sich das irdische Getiert nicht an Vorgaben in Lexkia hält. Zu ändern ist es nun nicht mehr, sie sind eben da, sie sind hier aber auch nicht gewünscht. Inwiefern ein Kompromiß erreicht werden kann, wird sich die nächsten Wochen zeigen.
So, Zeit zum Rasten und Ruhen ist mir nicht gegeben, ab in die Uni heißt es nun. Ein neuer Kurs beginnt, pünktliches Aufschlagen wird explizit gewünscht. Deswegen verbleibe ich nun einfach mit Grüßen aus der Ferne und wünsche einen angenehmen Start in die (etwas verkürzte) neue Woche – durchhalten, das Wochenende naht schon fast wieder!
1 = Seite „Silbermöwe“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 24. Februar 2009, 11:50 UTC. URL: >>> http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Silberm%C3%B6we&oldid=57074019 (Abgerufen: 14. April 2009, 07:10 UTC)