Beim ersten Mal direkt dabei – 1. Föhr-Marathon

Ich hatte ja schon hier und da angedeutet, daß ich wohl demnächst zu einem sportlichen Ereignis reisen würde, wenn auch nicht an diesem unmittelbar teilnähme, zumindest nicht in der Funktion eines Sporttreibenden. Und so kam es, daß ich mich am letzten Freitag in den abendlichen Flieger gen Hamburg schwang, welches ich mitten in der Nacht erreichte. Nach exakt vier Stunden Schlaf machte ich mich dann weiter in Richtung Föhr auf, welches ich recht früh erreichte, um zehn Uhr dreißig setzte die Fähre zum Anlegen an, und siehe, es gelang, auch wenn der Wind nichts gutes im Schilde führte, nicht am Samstag und nicht am Sonntag, was umso schwerer wog, da fast 300 Menschen zum >>> ersten Föhr-Marathon antraten und gegen den Wind liefen. Wobei das Wort „liefen“ den Sachverhalt nicht zur vollen Entfaltung bringt, denn was man im Ziel so alles an verbalen Seitenschlägen zu verkraften hatte, sprengt jede gute Kinderstube. Darüber möchte ich aber erst an geeigneter Stelle sprechen.


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Denn bevor der Föhr-Marathon am Sonntag, dem 1. April 2012, seine Premiere in Midlum erleben durfte, mußte vorbereitet und aufgebaut werden, die Startnummern suchten ihre Besitzer, die Besitzer dieser eine Übersicht und allgemeine Informationen, Nachzügler wollten einen Platz für den ausgebuchten Lauf (durch ein paar Abspringer kriegten sie diesen) und meinerseits wollte man eine Standortpositionierung für die Kamera im Zieleinlauf, was gar nicht so einfach war, man hatte nämlich immer Gegenlicht. Am Abend wurde sogar noch eine kleine „Nudelparty“ eingelegt, und die Nacht wurde kurz. Nach fünf Stunden Schlummern hieß es am Premierentag um sechs Uhr aufstehen. Der harte Kern der freiwiligen Helfer traf sich um halb sieben noch zu einem Käffchen, und dann war er da: der organisatorische Endspurt. Die letzten Startnummern wurden verteilt, orientierungslose Läufer einsortiert und die Midlumer Schule samt ihrer Gärten und ihrem Sportplatz zum Mekka für Marathonläufer umgestaltet. Meinerseits war man allerdings erst einmal damit beschäftigt, professionell Strom aus einer Wandsteckdose zum Arbeitsplatz zu bekommen. Dies inkludierte waghalsige Mannöver mit der Kabeltrommel am Baume und der Schaukel, zu guter Letzt wurde ein Sportgerät die tragende Säule der elektronischen Zeitmessung, in vollendeter Perfektion:

2012/04/01 Midlum/Föhr - 1. Föhr-Marathon. Formvollendete Säule.
2012/04/01 Midlum/Föhr – 1. Föhr-Marathon. Formvollendete Säule.

Nachdem die Stromversorgung zum Ziele hin also sichergestellt war, konnte eigentlich alles losgehen, gespannt wartete man auf den Start. Nun denn, wie immer hat man nicht mit der Technik gerechnet, hier insbesondere mit der Zeitmesstechnik, die aus einer Kabelbrücke für die Auslesung der Transponder am Fuße der Läufer bestand und an einen Kasten angeschlossen war, der wiederum mit zwei Rechnern vernetzt wurde, damit man die Zeiten auslesen konnte. Die Bedienungsanleitung dieser Anlage machte es allerdings unmöglich, zu eurieren, ob der Kasten denn nun die Zeit messen würde. Denn sein eigentliches Display zeigte gar nichts, weder eine Messung noch die Verweigerung dieser. Man kann sich nun also vorstellen, was da im Zeitmesswagen abging. Zusammen mit der Chefin wurde im Dreieck gesprungen, das Mobiltelefon lief als Hilfszeitmesser mit, jeder, der störte, wurde des Wagens verwiesen. (So à la: Läuft alles gut? [Was für eine Frage, wenn zwei Personen in einem Lieferwagen sitzen und hilflos verwundert auf die Anlage starren!])

2012/04/01 Midlum/Föhr - 1. Föhr-Marathon. Hightech-Arbeitsplatz mit Innenausstattung.
2012/04/01 Midlum/Föhr – 1. Föhr-Marathon. Hightech-Arbeitsplatz mit Innen-ausstattung.

Nach einer erneuten und umfangreichen Studie der Bedienungsanleitung und der Interpretation der einzelnen Begriffe und Vorgänge über das übliche menschliche Verständnis hinaus, sozusagen über alle Maße der Vernunft, konnte erleichert festgestellt werden: Der olle Kasten macht seine Arbeit. Allerdings verteidigte ich hiernach den Wagen aufs Äußerste und mit Elan, ich wollte einfach nicht, daß irgendjemand aus Versehen den Stecker zieht.

Und dann war es soweit, die ersten Läufer des Halbmarathons trudelten ein und gaben entrüstet zur Kenntnis, daß die Strecke wunderbar sei, die Organisation ein Traum, die Versorgung an der Strecke optimal und die Streckenposten herzlich und motivierend, aber der Wind sei das Letzte, widerlich, abnormal, der größte Dreck und so weiter und so fort … man darf sich an dieser Stelle gern sämtliche Schimpfwörter durch den Kopf gehen lassen, die einem einfallen, wenn man sich vorstellt, man müßte sich bei einem Mittelwind von 35 km/h, Stärke 5, in Böen 54 km/h, Stärke 7, 21,0975 km (Halbmarathon) bzw. 42,195 km (Marathon)  durch die wunderschöne Marsch-, Dünen- und Strandlandschaft von Föhr kämpfen, bei friesisch-karabischen vier Grad über null. Es wurde einem sogar angeboten, daß man dies alles nicht mehr mitmachen würde, weil es eben der letzte „Scheiß“ wäre, und dennoch konnten Überredungskünste von Mitstreitern dieses Läufers dafür Sorge tragen, daß aus dem Halbmarathon doch noch ein ganzer, richtiger Marathon wurde. Und ich muß an dieser Stelle höchsten Respekt gegenüber allen Läufern zollen, es war schon nicht einfach, mit Kamera im Ziele zu stehen und halbwegs gute Fotos zu machen, die Kamera flatterte hin und her, Hagel und Regen setzten ihr außerdem zu. Aber gegen alles was die Natur in petto hatte ausdauernd und mit Schweiß und Schmerz (die Gesichter sagten oft alles) anzulaufen, das ist schon großartig. Mich selbst hätte man sicherlich nach ein paar Kilometern aus den Büschen ziehen oder aus der Nordsee fischen müssen. Ich gebe frank und frei zu, ich habe weder das Training noch die Ausdauer, um so etwas durchzustehen. Das kommt vielleicht irgendwann einmal in der Zukunft, war aber am 1. April 2012 nicht der Fall. Ich kann da nur mit vereinzelten Sprinteinlagen zwischen Zieleinlauf und Siegerehrungen aufwarten, wenige Hoch- und Runterbewegung zum Zwecke der Motivfindung eingeschlossen. Selten mußte ich Seitenschritte vollführen, weil unabsichtlich jemand vor der Linse herum hopste. Und wenn dann alles glattlief, konnte man durch die Kamera feststellen, daß auch Marathonläufer rudelähnliche Verhaltensweisen zeigen, wenn es ins Ziel geht, so z.B. das unabdingbare, simultane Ablesen der Laufzeit von der Sportuhr am Arme:

2012/04/01 Midlum/Föhr - 1. Föhr-Marathon. Was hat die Stunde geschlagen?
2012/04/01 Midlum/Föhr – 1. Föhr-Marathon. Was hat die Stunde geschlagen?

Und wer kein Rudel zur Hand hatte, weil die letzten Meter ohne Konkurrenten bewältigt wurden, der sorgte eben anderweitig für das entsprechende Erfolgserlebnis zu zweit:

2012/04/01 Midlum/Föhr - 1. Föhr-Marathon. Duo - willkommen im Ziel!
2012/04/01 Midlum/Föhr – 1. Föhr-Marathon. Duo – willkommen im Ziel!

Verblüfft war ich dann jedoch, und dies nicht nur einmal, wenn eine Läuferin oder ein Läufer direkt vor der Ziellinie unvermittelt stehen blieb, die Kamera zückte und losfotografierte. Tickte die Uhr nicht?

2012/04/01 Midlum/Föhr - 1. Föhr-Marathon. Still gestanden - unvermittelt.
2012/04/01 Midlum/Föhr – 1. Föhr-Marathon. Still gestanden – unvermittelt.

Aber alles hat ja eine innere Logik, und so auch dieses Foto, denn anstatt alles aufzuschreiben, endlos, so wie ich das nun mache, hat dieser Läufer, Frank Pachura von >>> Laufen-in-Dortmund.de, das Ganze auf Video gebannt, welches mit Ton und Bild genau das wiedergibt, was ich versuche, niederzuschreiben. Nämlich wie klasse dieser Marathon einfach war, wie gelungen seine Premiere, wie motiviert die Läufer, wie kreativ die Helfer und wie großartig die Stimmung.

Tja, es ist doch schon etwas aufregendes, bei einem solchen Ereignis dabei zu sein. Ich habe sogar gelernt, wie man ein riesiges Festzelt abbaut, Stück für Stück, hoch auf der Leiter und tief unten an den Verankerungsbolzen. Und dann war alles vorbei. Als wäre nichts gewesen. Ruhe im Dorf, alle Spuren beseitigt, keine Läufer mehr zu sehen.

So stieg ich am Dienstag mit vielen neuen Eindrücken und Erfahrungen (die Kamera braucht einen anderen Platz, die Technik bedarf einer schärferen Erziehung durch den Bediener, das Gehüpfe vor der Linse muß aufhören, ich komme einen Tag früher) in den Flieger gen Heimat, und weiß jetzt schon, daß ich genauso wie viele Läufer und ehrenamtliche Helfer auch im nächsten Jahr wieder am Start sein werde … versprochen.


2012/04/03 * Take-off EDDH/HAM/Hamburg, rwy 33 * Lufthansa 2930 (Lufthansa Regional operated by Eurowings) to Stockholm Arlanda (ESSA/ARN), Canadair CL-600-2D24 Regional Jet CRJ-900 NextGen, reg. D-ACNV.


2012/04/03 * Approach/Landing ESSA/ARN/Stockholm Arlanda, rwy 26 * Lufthansa 2930 (Lufthansa Regional operated by Eurowings), Canadair CL-600-2D24 Regional Jet CRJ-900 NextGen, reg. D-ACNV * Lufthansa’s evening flight from Hamburg to Stockholm.

4 Gedanken zu „Beim ersten Mal direkt dabei – 1. Föhr-Marathon“

  1. Susanne, du wirst nicht nur meine eigenen Anstrengungen bildlich festhalten, sonder auch die deinigen :mrgreen: Du glaubt doch wohl nicht im Ernst, daß ich das alleine machen werde??? Und wenn ich den Flieger zwingen muß, bei Dir eine Zwischenlandung hinzulegen — DU MACHST MIT 🙄

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  2. Huhu Renke :mrgreen: beim nächsten Mal werde ich versuchen, Deine Anstrengungen beim Zeltaufbau bildlich festzuhalten :mrgreen: ! Die verlorengegangene Energie holen wir uns dann bei der Nudelparty wieder zurück :mrgreen:

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  3. Moin Micha,

    ich sehe mit Freude dem Aufbau des Zeltes entgegen, dies fehlt ja nun noch in der Erfahrungkiste 🙂 Aber ich nehme an, das wird sich durchaus machen lassen.

    Nö nö, war wirklich ein Erlebnis, das man sich nicht entgehen lassen sollte …

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  4. Moin Renke,

    schön, dass du dabei warst und allen Widrigkeiten zum Trotz auch noch zum Wiederholungstäter werden willst.

    Das Zeltaufbauen wird übrigens noch anstrengender werden als das Zeltabbauen – versprochen!

    Gruß Micha

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