Heimlich still und leise habe ich am Dienstag eine kleine Premiere gefeiert, hoch oben in bayrischen Lüften. Jedoch nicht in der Art und Weise, wie ich mir das vorgestellt hatte: mit einem kleinen Biere in der Hand und einem breiten Grinsen im Gesicht.
Daß alles anders sein sollte, hätte mir sicherlich aber schon auf dem Flug von Stockholm nach München klar sein müssen. Bis zur deutschen Küste konnte der Flug genossen worden, ab Ahlbeck war dann aber Schluß mit lustig – Gewitter unter uns, neben uns und teilweise sogar über uns. Wir hüpften und schlingerten gen München, allerdings kämpfte das Personal mutig gegen die Kräfte der Natur an. Schade, daß der Mensch nur zwei Hände und nicht praktische drei hat: eine für die Flasche, eine für den Sandwich und eine für den Getränkebecher. Ich habe über Neubrandenburg die Getränke gerettet, der Sandwich hat seine eigenen Flugversuche unternommen. Es durften die Toilettenräume benutzt werden. Staufächerentlanghangeln wurde eine allseits beliebte Beschäftigung während des Fluges. Hier und da blinkten die Anschnallzeichen entweder hektisch auf oder erloschen sang- und klanglos.
Flug zwei von München nach Berlin war dagegen völlig unproduktiv. Staufächerentlanghangeln war verboten, den Anschnallzeichen wurde ein eigenes Leben verwehrt, sie leuchteten stoisch während des gesamten Fluges. Meine Hände hatten nichts zum Festhalten (die Armlehnen, ab und zu). Der Himmel zuckte während des gesamten Fluges hysterisch vor sich hin. Und dabei wollte ich doch ein bißchen feiern. Der Pilot meldete sich aus dem Cockpit, bat um Entschuldigung, schließlich würde es den gewohnten Lufthansa-Service diesmal nicht geben, man wolle einfach sicherstellen, daß die Kabinenbesatzung nicht zum Abflug ansetzte, in dieser Situation völlig verständlich. Ich hätte nicht einmal gewagt, die Waschräume aufzusuchen. Daß wir zur Vermeidung von Gewittern Slalom fliegen würden, so die Aussage des Piloten, machte eigentlich auch nichts mehr.
LH2054 12.05.2015, ein bißchen Slalom über Tschechien.
Bildschirmausschnitt: >>> flightradar24.com
Immerhin, angesichts der unterschiedlichen Bewertungen der Situation durch meine Mitreisenden, man brauchte hierfür nur in ihre Gesichter gucken, konnte ich mir ein breites Grinsen nicht verkneifen, jedoch versuchte ich es zuweilen, der eigenen Sicherheit halber, hinter der Zeitung zu verstecken. Dies gelang leider nicht immer, Lesen und Zeitungfesthalten ging also auch nicht so recht.
So habe ich also meinen 300. Flug zwar ohne Feierabendbier begangen, durchaus aber auch ein bißchen Spaß gehabt. Selbst die Landung in Berlin war diesmal eine Abwechslung, immerhin stellten zwei Kinder eine Reihe vor mir fest, daß wir angesichts der Turbulenzen wohl bald abstürzen respektive auf dem Bahnhof von Pankow landen würden. Das nenne ich vorausschauendes Fliegen.
Um mit dem erfolgreichen Abschluß dieses Fluges habe ich die Erde 7,59 mal umflogen, den Mond 0,791 mal und die Sonne 0,0020 mal erreicht und dabei 17 Länder besucht und fast drei Wochen meines Lebens in der Luft verbracht.
Ein bißchen Statistik. Zum Vergrößern ins Bild klicken.
Erfaßt durch >>> flugstatistik.de
Ob ich irgendwann einmal vom Fliegen die Faxen dicke habe?