Pendelerlebnisse!

Die Woche ist noch nicht mal ganz ein Tag alt, und ich bin wieder tot, schläfrig und völlig angeklatscht. Dabei hatte ich heute nicht mal drei Unterrichtsstunden zu geben. Allerdings, die Busfahrten werden es wieder gewesen sein.

Heute hatte ich nämlich das Glück, einen Busfahrer zu haben, der offensichtlich sehr sein Vehikel und die darauf sitzenden Passagiere mochte und seinen Fahrplan in- und auswendig kannte. So bemerkte er bei 80 km/h direkt vor einer Wegabbiegung, daß wir ja noch den Schwenk nach Sundborn nehmen müßten, weil wir nicht der Acht-Uhr-Bus waren, sondern der Zwölf-Uhr-Bus, und der fährt immer über Sundborn. Nach einem erfolgreichen Verzögerungsmanöver und der totalen Schleuder ging es munter weiter über Berge und durch Täler, mein Magen feierte Kirmes. Ein Buch, „‚Senk ju vor träwelling‘ – Wie Sie mit der Bahn fahren und trotzdem ankommen“, legte ich alsbald zur Seite, schließlich galt es, sich voll auf den Magen zu konzentrieren, es waren immerhin noch 26 km, und ein paar Dörfer rechts und links der Hauptstraße mehr. Der Hinweis einer alten Dame, doch mit dem geliebten Vehikel und der hochgeschätzten Kundschaft sorgsamer umzugehen, verhallte ungehört, und so ergab es sich, daß einem meiner Schützlinge, der just in Karlsbyheden zustieg (dabei hatte er eigentlich Glück, das Schlimmste hat er gar nicht mehr miterleben müssen), in Boda das Mittagessen den Garaus machte. Gott sei Dank hangen überall Tüten herum, der Ärmste hatte es nicht weit und nicht schwer, was man von mir aber nicht sagen kann. Zwar bin ich mit leerem Magen (ich weiß, ungesund) durch die Gegend gegondelt, aber die Geräuschkulisse im Hintergrund, als das karlsbyhedenische Mittagessen Aufruhr veranstaltete, ließ den Schrecken in meine Glieder fahren. Ach, hätte ich doch nur mein Wikipedia dabei gehabt, es sicher Rat gewußt hätte. Jedenfalls bin ich derartig zerdonnert in Svärdsjö angekommen, daß mir noch beim Anschreiben des Perfekts an die Tafel ganz anders wurde. Und mit Sorge, lieber Leser, rechnend und die Fahrpläne im Kopf abratternd, blickte ich auf den Feierabend. Et voilà: Es war Renkes Glückstag – der Bus fuhr vor und es war derselbe liebevolle Busfahrer. Einziger Trost: Der Schwenk nach Sundborn blieb aus, es war diesmal der Direktbus. Was aber nichts daran änderte, daß ich in Falun auf der Östra Hamngatan hoch und heilig versprach, heute nicht mehr Bus zu fahren, wenn es mir doch nur wieder besser ginge. Ja, ich bin dann vom Centrum aus nach Hause gelaufen. Und nun sitze ich hier, leicht verdreht im Stübchen, und spiele inzwischen Bingo, um meine Chancen abzuschätzen, ob ich morgen früh um 7.12 Uhr in der Östra Hamngatan beim Eintreffen der Linie 61 einen Schreikrampf kriege und auf Totalverweigerung mache, oder ob ich aber ganz entspannt sanft platznehmen werde und mich durch bunte Wälder kutschieren lasse. Dann kann ich vielleicht morgen auch ohne Zittern meine neuen Füller benutzen, die hier dank eines Care-Pakets (Gruß und Kuß an meine Schwestern) auf ihren Einsatz warten. Wir werden sehen, wir werden sehen.

Und sonst? Tja, sonst alles beim Alten. Winter ist noch nicht da, im Gegenteil, heute hatten wir blauen Himmel bis zum Abwinken. Kühler, ja kühler wird das schon, aber zu warm, also für Schnee, zumindest hier in Falun. Wochenplanung? Ganz schlimm. Ackern, ackern, ackern. Und vor allem ruhig bleiben, immer ruhig bleiben, auch wenn so ein kleines Kindlein meint, Deutsch interessierte es nicht, man könnte deswegen den Unterricht stören. Da setze ich doch mein allerschönstes breites Grinsen auf, das von einem Ohr zum anderen geht, und rede deutsch, und zwar so arg und schnell, daß es sich gewaschen hat. Rache ist eben süß. Vor allem wenn man als dummer Deutscher eben doch Schwedisch versteht und somit, summa summarum, eine Fremdsprache mehr kann. Und wenn ich dann so an die nächste Vokabelkontrolle denke … Sicher, man soll seine Schützlinge niemals als Feind sehen, im Gegenteil. Motivieren soll man sie. Und das mache ich ja auch – in dem ich Deutsch spreche. Ob es nun will oder nicht, das Kindlein. Naja, sagen wir mal so: Es seine erste Stunde bei mir war, davor war es nämlich krank. Nennen wir es also erste Kontaktaufnahme. Nächste Stunde allerdings wird diese vertieft, definitiv, in welche Richtung sie geht, das wird man sehen, übermorgen.

In diesem Sinne, einen Gruß, auf Grund der heutigen Busfahrten einen schunkelnden, in die Welt hinein. Bis später!

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