BILD meint: nr. 21

Ja, lieber Leser, nicht oft kam ich in der letzten Zeit zur Analyse der BILDschen Arbeitsweisen, die, wie diese >>> Blogreihe schon des öfteren bewiesen hat, jenseits von Wahrheit und Qualität liegen. Wenn dann aber vom Springer-Verlag Außerirdische ausgemacht werden, die in meiner unmittelbaren Nachbarschaft für Party am Himmel sorgen, dann komme man meinerseits nicht umhin, investigativ tätig zu werden, natürlich mit meinen bescheidenen Mitteln wie einem PC und nur einem Internetanschluß – also gar nicht zu vergleichen mit den unendlichen Ressourcen des Springer-Verlages. Und dann kommt es eben, wie es kommen muß, denn die BILD meint:

Ufo-Alarm in Norwegen – Mysteriöses Licht hält Tausende Menschen in Atem

[…] Plötzlich tauchte am Dienstagabend gegen 20:45 Uhr am Nachthimmel ein weißes Licht auf. […] Und Theorien gibt es bereits viele: eine fehlgezündete russische Rakete, ein Meteor, ein neuartiges Nordlicht, ein schwarzes Loch oder eben – ein Ufo!

Erik Tandberg, Chef des norwegischen Space-Centers, sagte zur „Sun“, dass er von dem Phänomen total begeistert war. „So etwas habe ich noch nie gesehen.“

Er glaubt, dass es sich um die Folgen einer russischen Rakete handelt. Doch das russische Militär hat bereits dementiert.

>>> BILD am 10.12.2009 um 12.54 Uhr

Renke meint:

Schuster, bleib bei Deinen Leisten! Denn in Norwegen sieht man die Sache inzwischen schon ganz anders, auch in den Medien, allerdings scheint die BILD offensichtlich unter Journalismus eben nur zu verstehen, ein englisches Boulevardblatt, die >>> Sun, abzuschreiben, um (mal wieder) Außerirdische auf dem blauen Planeten auszumachen. Was dann zur Folge hat, daß die BILD indirekt wieder die Unwahrheit verbreitet. Glaubt man nicht? Nun denn, in norwegischen Quellen wird davon gesprochen, daß entsprechendes Ereignis nicht am Dienstagabend um 20.45 Uhr eintrat, sondern am Mittwochmorgen zwischen acht und neun Uhr, wie es unter anderem der Norwegische Reichsrundfunk und das Onlineportal VG melden:

onsdagens lysfenomen over Nord-Norge [Lichtphänomen am Mittwoch über Nordnorwegen]
>>> VG NETT

observert over store deler av Nordkalotten onsdag morgen [beobachtet über großen Teilen der Nordkalotte am Mittwochmorgen]
>>> Norwegischer Reichsrundfunk NRK

Nun mag es verzeihlich sein, daß man im Springer-Verlag keinen Redakteur hat, welcher der norwegischen Sprache mächtig ist und deswegen zwischen Dienstag und Mittwoch nicht unterscheiden kann. Peinlich wird es aber, wenn die BILD um 12.54 Uhr, Veröffentlichung des Artikels, behauptet, das russische Militär bestreite, Verursacher dieses Ereignisses zu sein, wenn es doch beim Norwegischen Reichsrundfunk seit 11.47 Uhr heißt:

Det russiske forsvarsdepartementet bekrefter rakettfeil

Torsdag formiddag innrømmet det russiske Forsvarsdepartementet at det var en Bulava-rakett …
>>> Norwegischer Reichsrundfunk NRK

Was dann auf Deutsch heißt, daß das russische Verteidigungsministerium am Donnerstagvormittag eingeräumt hat, daß es eine Rakete vom Typ Bulawa war, die eine Fehlfunktion aufwies. Ergänzend dazu meldet VG dann um 13:40 Uhr:

Den mystiske kjempespiralen var en Bulava-rakett som ble skutt opp fra atomubåten «Dmitry Donskoi» i Kvitsjøen ved Arkhangelsk … raketten ble skutt opp klokken 08.00 onsdag morgen …
>>>VG NETT

Die mystische, riesige Lichtspirale war also eine Bulawa-Rakete, die vom russischen Atom-Unterseeboot „Dmitry Donskoi“ in der Weißen See nahe Archangelsk abgeschossen wurde, am Mittwochmorgen gegen acht Uhr. Und wenn nun auch klargestellt sein sollte, daß keine grünen Männchen die Welt erobern werden, schon gar nicht den dunklen und kalten Norden, feiert man in Berlin im Springer-Verlag wieder die Ankunft von ET. Prost!

Nachtrag (19.55 Uhr):
Inzwischen hat auch die BILD spitzgekriegt, genauer gesagt um 15.19 Uhr, daß ET auch weiterhin von einer Landung auf unserem Planeten absieht und berichtet nun wie anderen Medien, daß das „Ufo“ nur eine schnöde russische Rakete war, die nicht ganz wie geplant funktionierte. Das Feiern ist somit auch in Berlin beendet.

BILD meint: nr. 20

Auch wenn die BILD mal wieder meint, alles besser zu wissen und jederzeit die volle Übersicht weltweit zu haben, sei einmal mehr der Beweis angeführt: stimmt alles nicht!

So auch in Sachen >>> Überfall auf ein Bargelddepot in Västberga/Stockholm.


Visa större karta

Dieser Überfall wurde am heutigen frühen Morgen filmreif ausgeführt, dabei, und das stellt die BILD sehr richtig fest, ist „SEHR VIEL“* Bargeld gestohlen worden. Daraus aber zu schließen, „dass das Bargeld in der Region um die schwedische Hauptstadt knapp werden könnten [sic!]“* und dabei auch noch einen Finanzexperten in genau diese Richtung zu zitieren, ist wieder einmal mehr wunderbar dem Märchen Alice im Wunderland zuzuschreiben. Denn, zwar hat die Stockholmer Wirtschaft die Befürchtung, daß das Bargeld knapp werden könnte, aber nicht, weil es „SEHR VIEL“* Geld war, welches dem Bargelddepot abhanden gekommen ist, sondern:

Problemet är inte de pengar rånarna har kommit över. Pengarna kan man säkert återställa, säger Dick Malmlund, säkerhetsansvarig på branschorganisationen Svensk Handel.

– Det som är bekymmersamt är att rånarna skadat depån, vilket gör att man inte kan bedriva verksamhet där, fortsätter han.

Enligt Dick Malmlund är säkerhetsföretaget G4S depå i Västberga oerhört viktig för kontanthanteringen i Stockholm.

>>> Dagens Nyheter: Branschen befarar kontantbrist efter rånet i Västberga. (2009/09/23)

Und nun, da die meisten Leser des Schwedischen ja nicht mächtig sind, die sinngemäße Zusammenfassung des Ganzen auf Deutsch. Dick Malmlund, der von der BILD zitiert wird, sagt zwei entscheidene Sachen, nämlich daß das verschwundene Geld zweifelsohne ersetzt werden kann und daß das Bargeld in der Stockholmer Region knapp werden könnte, weil das Bargelddepot in Västberga eine zentrale Rolle bei der Verteilung dessen spielt, durch die massiven Beschädigungen auf Grund des Überfalls jedoch im Moment innerhalb des Verteilersystemes ausfällt. Er ergänzt im weiteren Verlauf des Artikels, daß der Ausfall des Depots nicht kompensiert werden könne, weil alle anderen Verteilerpunkte in der Region voll ausgelastet wären.

Es sei nun dahingestellt, wie man bei der BILD an die Informationen kommt, aber sie sind eben schlichtweg falsch. Der BILD-Artikel suggeriert, durch den Überfall und die hohe Beute ginge nun den Stockholmern das Geld aus, genau deswegen liefe „die Suche nach den Ganoven auf Hochtouren“*. Der Artikel der Dagens Nyheter hingegen, mit der direkten Zitierung von Dick Malmlund, stellt einfach fest, daß man sich in der Stockholmer Region einem Verteilungsproblem gegenüber sieht. Stockholm wird nun also nicht verarmen, weil „SEHR VIEL“* Geld den Besitzer gewechselt hat, schon gar nicht wird der Stadt die Kohle ausgehen*, vielmehr kann man im Moment einfach kein Geld an den Mann bringen. Aber das wäre natürlich zu weichgespült, pardon, es wäre SEHR VIEL weichgespült, wenn Ursache und Wirkung letzten Endes nur halb so dramatisch wären, also eigentlich undramatisch.

Daher wäre es am besten, wenn sich alle Stockholmer und Anrainer morgen auf dem Sergels torg versammelten und kollektiv ihre Plaste- und Elastebezahlkarten verbrennen, dann ginge Stockholm wohl wirklich die Kohle aus … allerdings auch nur wieder, weil man nicht an sie rankäme. Egal.

* = >>> BILD (online): Filmreifer Überfall in Stockholm – Räuber plündern Bargelddepot und flüchten per Hubschrauber (2009/09/23)

BILD meint: nr. 19

BILD meint:

Thüringens Ministerpräsident überraschend zurückgetreten

Das Drama um Dieter Althaus

>>> Überschrift eines BILD-Artikels im Lichte des Rücktritts des Thüringer Minsterpräsidenten Althaus vom 3. Sept. 2009 (zuletzt abgerufen: 2009/09/03)

Renke wundert sich:

Ich habe in diesem Zusammenhang einfach mal den Begriff Drama nachgeschlagen, und jenseits von einem Schauspiel bzw. einer Bühnendichtung meint dieses Wort doch eigentlich:

Dra|ma [n. -s; Dra|men]

[…]

3 [übertr.] trauriger, schrecklicher Vorgang [griech. drama ”Handlung, Schauspiel“, zu dran ”tun, handeln“]

>>> BERTELSMANN Wörterbuch, online auf www.wissen.de (letzter Abruf: 2009/09/03)

Gewiß, ein Schauspiel war es schon, was seit den Landtagswahlen am Sonntag in Thüringen auf der politischen Bühne passierte, insbesondere dann, wenn ein abgewählter Ministerpräsident einfach nicht von der Macht lassen will. Herr Althaus, darauf sei an dieser Stelle hingewiesen, ist jedoch nicht der erste Machthaber, der realitätsfremd seinen Machtanspruch ins Land pöbelt, ich erinnere mich eines Bundeskanzlers a.D., dem ähnliches widerfuhr. Warum nun allerdings der viel zu späte Rücktritt für die BILD ein Drama darstellt, also einen traurigen und schrecklichen Vorgang, muß einem wohl verborgen bleiben … es sei denn, man guckt ungeniert rückwärts. Dann wird man erkennen, daß Althaus ein Ziehkind der BILD ist, das nun tosend den Brunnen herabgefallen ist und am Boden elendig zerschellte, was der Übermama BILD eigentlich nicht paßt nach so umfangreicher Handaufzucht.
Glaubt man nicht? Ein paar Möglichkeiten der Rückschau finden sich bei bildblog.de und beim Magazin zapp, die alles klären, eben das Drama um das Drama, also dem bildschen:

>>> Dieter Althaus – wer sonst?
>>> Dieter Althaus in der „Bild“-Reha
>>> Wie „Bild“ Dieter Althaus halb freispricht
>>> „Bild“ stützt Althaus mit „raschen, festen Schritten“
>>> Mediale Kumpanei

BILD meint: nr. 18

… oder: Wie man aus einem Goldfischlein einen Blauwal macht.

Denn, lieber Leser, da ich heute einfach mal zu viel Freizeit hatte, war es mir mal wieder möglich, die deutsche Presselandschaft im Internet ausgiebig zu studieren. Natürlich durfte auch die BILD nicht fehlen, die ja dafür bekannt ist, auch wirklich das Letzte aus einem Ereignis heraus zu holen, wie auch der heutige Fall einmal mehr beweist, der kontrastiv beleuchtet werden soll.

Zu einem gestrigen Ereignis auf dem Flughafen von Stuttgart meldet der >>> Deutsche Depeschendienst (ddp):

Flugzeug wegen technischer Probleme kurz nach Start wieder gelandet

Stuttgart (ddp). Wegen technischer Probleme ist am Mittwochmorgen ein Flugzeug am Stuttgarter Flughafen kurz nach dem Start wieder gelandet. Es habe sich um eine «Sicherheitslandung», jedoch keine Notlandung gehandelt, sagte ein Unternehmenssprecher der betroffenen Fluggesellschaft Germania auf ddp-Anfrage […]1

Etwas dramatischer geht es da schon bei den >>> Stuttgarter Nachrichten zu, die ihrerseits ebenso gestern verlautbaren ließen:

Technische Probleme
Flugzeug in Stuttgart notgelandet

Leinfelden-Echterdingen – Auf dem Stuttgarter Flughafen ist am Mittwoch ein Flugzeug kurz nach dem Start notgelandet. (…) Nach der sicheren Landung rollte das Flugzeug planmäßig zur Parkposition.2

Zwar konterkarieren die Stuttgarter Nachrichten die offizielle Mitteilung der Fluggesellschaft Germania dahingehend, daß sie nicht von einer Sicherheitslandung ausgehen, sondern explizit von einer Notlandung sprechen, allerdings wird auch bei ihnen nicht der Eindruck erweckt, Leib und Leben seien in Gefahr gewesen.

Wie eingangs die Überschrift meines Artikels schon erklärt, muß die BILD am heutigen Tage etwas ganz anderes aus diesem Ereignis gemacht haben. Daher soll nun gezeigt werden, wie aus dem Goldfischlein ein Blauwal wurde, denn >>> BILD beschreibt das heute so:

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