Leckage. Hoch. Schaukelnd.

Der Sommer neigt sich dem deutlich dem Ende zu. Die Temperaturen fallen, der Himmel verliert sein Blau und in Stockholm drehen die Wespen schon durch, die Sonne zieht sich jeden Tag ein Stückchen früher zurück, die Nächte sind seit dem letzten Wochenende zeitweise wieder komplett dunkel. Da bietet es sich doch förmlich an, zwar verspätet, aber dennoch frohen Mutes, meinen Bericht über meine letzte Reise nach Föhr ins Rennen zu schicken, die ich vor gut einer Woche an einem Donnerstag antrat, nicht ahnend, was dieser Ausflug alles so zu bieten hätte. 

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[Stockholmer] Telegramm 14

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Die gute Nachricht: man lebt noch. Die schlechte Nachricht: man hat zu viel zu tun. Aber der Reihe nach …

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Direkt nach >>> Orkan Christian begab man sich meinerseits auf die Ö, schwedisch für Insel, was nichts anderes als Föhr meint. Die Anreise war kritisch, wie sollte man wissen, ob die Züge zwischen Hamburg und Niebüll fahren würden. Ich konnte es jedenfalls nicht, aus der Ferne, aus dem kalten Stockholm, ist ein solcher Orkan in deutschen Landen einfach eine abstrakte Sache. So abstrakt, daß die Schäden, die ich zwischen Hamburg und Niebüll aus dem Zug heraus erspähte, doch für ein Staunen sorgten. Nicht der Befriedigung irgendwelcher katastrophisch-touristischen Neigungen wegen, sondern weil man einfach nicht da war, und weil Zahlen und Geschwindigkeiten in den Nachrichten einfach nur Daten sind. Was dann auch für die Insel galt, die an vielen Stellen wirklich leiden musste. Sie sah anders aus. Teilweise hielten Häuser dem Wind nicht stand, Bäume wurden einfach umgepustet. Dennoch konnte ich vier Tage auf dem Eiland nutzen, um das Hirn mal wieder in den Ruhezustand zu bekommen, sozusagen auf null. Zum Beispiel durch Besuche am Strand, die täglich auf der Agenda standen. Und einmal mehr ist (nicht nur) mir aufgefallen, wie verdreckt doch eigentlich die Nordsee ist. Und ich denke da nicht an Öl oder Schwermetalle, ganz im Gegenteil: 

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Schluß [und Fortsetzung]

Aus und vorbei, die Ferien. Seit einer Woche trinkt man schon wieder eimerweise Kaffee, ißt Tonnen von Kanelbullar (die gute alte schwedische Zimtschnecke), lauscht unzähligen Vorlesungen zum Thema Pädagogik 3.0 und sitzt sich den Hintern in Konferenzen platt. Und dies alles nach ein paar Kurzbesuchen in Berlin, galt es doch, dem eigenen Verfall feierlich zu huldigen, einen Kurztripp nach Polen zu unternehmen und mit dem Kalle den Spreewald unsicher zu machen [jaaa, wir haben es geschafft: Auf Grund von Problemen in der Kommunikation bezüglich Navigation haben wir fast einen Kahn voll mit kaffeetrinkenden Menschen zum Grund geschickt, die über unsere Ramm- und Versenkversuche sichtlich amüsiert waren.].

Juli 2013 Lübbenau/Spreewald - Zufallslandung.
Juli 2013 Lübbenau/Spreewald – Zufallslandung.

Überdies war noch ein Kurzbesuch auf der Insel Föhr fällig, so direkt zum Ende der Ferien, um einfach nochmal ein bißchen Luft schnappen zu können, ehe dann der Wahnsinn in der Schule wieder seinen Anfang nehmen würde. Was bei unzähligen Ausflügen ins Watt und bei >>> Föhr on Fire auch erfolgreich durchgeführt werden konnte.

August 2013 Nieblum/Föhr - nicht davon gekommen.
August 2013 Nieblum/Föhr – nicht davon gekommen.

Und eigentlich auch bitter nötig war, zog man doch erneut in eine neue Bleibe; fast im Stadtzentrum, aber mit viel viel Blutgeld bezahlt. Man kann eben nicht alles haben, zumal ja der Wohnungsmarkt hier in Stockholm einfach nur als Katastrophe bezeichnet werden kann. Gestört wurde dieser Erholungseffekt nur durch die Tatsache, daß mein Handgepäck erstmals in meiner Laufbahn als Vielflieger am Hamburger Flughafen auf Sprengstoff untersucht wurde. Dabei verhielt man sich geradezu mystisch verschlossen, man bat mich in ein dunkles Zimmer, ohne Angabe von Gründen, nahm meinen tragbaren PC und pinselt ihn mit einer Flüssigkeit ein, schwups ein Teststreifen aufgetragen und dann Schweigen. Und ein Danke. Erst auf Insistieren meinerseits wurde mir dann nach erfolgreich bestandem Test mitgeteilt, die Röntgenmaschine hätte Sprengstoff in meinem Rechner festgestellt. Deswegen auch der geheimnisvolle Abstrichtest. Guten Flug!

So kann nun also die Zeit wieder umfangreich in der Schule verbracht werden, die erste Woche dient allein der Vorbereitung des neuen Schuljahres, wobei die Schulleitung es sich nicht nehmen lassen hat, für ein bißchen Abwechslung zu sorgen: später Dienstbeginn am Dienstag, Arbeitszeit bis elf Uhr abends, denn ab 19 Uhr schipperten wir mit einem Schiffchen durch die Stockholmer Schären. An sich eine feine Sache, gewiss, aber es gab dazu Garnelen, und ich bin leider einfach kein „Meeresfrüchtchen“, im Gegenteil. So mußte ich einfach dabei zusehen, wie meine Kollegen recht ungekonnt die Schale der Tierchen durch die Gegend katapultierten, selbst auf meinem unbenutzten Teller sah es nach einer Stunde aus wie nach einem Massaker. Herrje, man kann es eben nicht allen recht machen.

2013/08/12 Slussen/Stockholm - kitschig (schön?).
2013/08/12 Slussen/Stockholm – kitschig (schön?).

Mit Spannung wartet man nun also auf den kommenden Montag, neue und alte Schüler werden begrüßt und (wieder) eingeschult. Und eigentlich, dies sollte ein gutes Omen sein, freue ich mich auf die Racker, knapp acht Wochen Ferien, nur unterbrochen durch ein paar Guideaufträge, reichen dann doch! Laßt das Abenteuer Schule beginnen, ich werde berichten!

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Und für die ganz Hartgesottenen:


2013/08/07 * Take-off ESSA/ARN/Stockholm Arlanda, rwy 19R *
Lufthansa 2927 (Lufthansa Regional operated by Eurowings), C
anadair CL-600-2D24 Regional Jet CRJ-900LR, reg. D-ACNP *


2013/08/07 * Approach/Landing EDDH/HAM/Hamburg Airport, rwy 33 *
Lufthansa 2927 (Lufthansa Regional operated by Eurowings),
Canadair CL-600-2D24 Regional Jet CRJ-900 NextGen, reg. D-ACNP *

Sommerzeit?

Es ist ja nicht so, daß ich dem Winter abgeneigt bin, ganz im Gegenteil, ich hätte mich wohl sonst nicht nach Schweden abgesetzt. Dennoch würde ich mich inzwischen der Mehrheit meiner Freunde in Deutschland anschließen: Es könnte reichen.

Dies liegt vielleicht auch daran, daß ich Ende März selten Schnee in norddeutschen Landen erfahren habe, wie z.B. beim >>> 2. Föhr-Marathon am 24. März dieses Jahres. Schon die Anreise zu diesem war ein Abenteuer, der Flieger landete in Hamburg im Weißen, leise [und sanft] rieselte der Schnee. Die Bahnfahrt am Samstag vor dem Marathon war dann allerdings ein tiefer Punkt, oder eher ein weißer, der Zug rollte zwischen Husum und Lunden minutenlang durch eine Schneewand, da halfen selbst die romantischen Erinnerungen an „Deutschland. Ein Wintermärchen“ nicht mehr weiter. Sicher, mich tangierte es nur peripher, da ich beim Marathon eher im administrativen denn im aktiven Bereich untergebracht war, dennoch dachte ich mit Grausen an die armen Läufer. Deren Schicksal wurde nun nicht nur mehr durch einen gewöhnlich frisch wehenden Wind auf der Insel gebeutelt, sondern richtiges Winterwetter sollte sie auf ihrem Lauf über das Eiland begleiten! So sie denn pünktlich zum Start antreten konnten, denn eine eigens für den Marathon bestellte Extrafähre konnte auf Grund von Ostwind und damit verbundenem Niedrigwasser am Morgen des Marathonlaufes nicht fahren. Wer konnte, mußte also den Abend zuvor auf der Insel auflaufen, was jedoch logistisch nicht ganz einfach war, der Großteil der Insel war ausgebucht. So geschah es dann auch, daß unser Orga-Team am Morgen des Laufes um sechs einen Versprengten vor der Midlumer Turnhalle aufsammelte, der mit der letzten Fähre nach Wyk fuhr, dort jedoch kaum einen Platz zum Schlafen fand und deswegen vor besagter Halle übernachtete, schadlos hielt er sich durch behäbiges Hin- und Herlaufen. „Rettungsmaßnahmen“ in Form einer Decke, eines Kaffees und eines Brötchens begegnete er mit dem Hinweis, man solle sich doch keine Umstände machen. Nach einem erfolgreich durchgeführten Marathon, meine Wenigkeit überwachte knapp sechs Stunden die Zeitnahme im Ziel und assistiere nebenbei dem Moderator, schoß besagter „Nachtläufer“ namens Yacine Lamiri den Vogel wirklich ab, er wurde nämlich Dritter bei den Männern über die gesamte Strecke. Davon abgesehen, daß ich jeder Läuferin und jedem Läufer des Marathons, die Einteilung in Halbmarathon und Gesamtmarathon spielt nun keine Rolle, ob der widrigen und wirklich abartigen Wetterumstände den höchsten Respekt zolle, mich hätte man sicherlich nach Kilometer zwei aus dem Graben ziehen können, bin ich baß erstaunt, wozu menschlicher Wille und entsprechender Körper in der Lage sind – und bin immer noch fassungslos darüber, daß man trotz Übermüdung und nächtlicher Übernachtung vor der Turnhalle solch eine Leistung an den Tag legen kann. Und ich war im Orga-Team sicherlich nicht allein mit dieser Einstellung. Es bleibt zu hoffen, daß die dritte Ausgabe des Föhr-Marathons im nächsten Jahr von Schneeverwehungen, Eis und Niedrigwasser verschont bleibt, es sollte den Läufern doch ein wunderschöner Lauf im Frühling vergönnt sein! Den ich definitiv wieder begleiten werde!

Daß der Schnee in Deutschland mich allerdings nicht loslassen würde, wußte ich dann am Montag bei meiner Rückreise nach Stockholm noch nicht. Irgendwie hatte ich die kühne Vorstellung, daß ich das Osterfest in Berlin mit einem Hauch Frühling begehen könnte, den Schnee in Norddeutschland tat ich als den letzten Rest vom Schützenfest ab.


2013/03/25 * Take-off EDDH/HAM/Hamburg, rwy 05 *
Lufthansa 2930 (Lufthansa Regional operated by Eurowings),
Canadair CL-600-2D24 Regional Jet CRJ-900 NextGen,
reg. D-ACNI [named Herzogenaurach] *

Ich sollte allerdings eines Besseren belehrt werden. Denn nach Beendigung der Schule am Gründonnerstag ging es wieder gen Deutschland, abends mit dem Air-Berlin-Flug. Es war dunkel, es hingen Wolken am Himmel, nach Passieren der deutschen Küste auf dem Weg nach Berlin sah man nichts. Der Pilot verzichtete auf den Wetterbericht, lediglich kühl sollte es sein. Beim Durchstoßen der Wolkendecke während des Anfluges auf Tegel offenbarte sich mir dann der Horror, es sah in Berlin auf dem Boden genauso aus wie in Stockholm – dies war dann auch das erste Mal in meinem Leben, daß mir nicht auf Grund des Fliegens anders im Magen wurde. Der Anblick war fatal. Und der Rest von Ostern auch, wettertechnisch. Und dann wird noch an der Uhr gedreht. Keine Schneeglöckchen weit und breit zu sehen, keine Sonne, kein Frühling. Im Gegenteil, Winterblues findet sich überall. Man mault mehr oder weniger nur noch rum.

Und leise [und sanft] rieselt der Schnee. Wohl doch nicht bis Sonntag?