[Stockholmer] Telegramm 11

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Der Lebensrhythmus hat sich Gott sei Dank in drei einfache Abschnitte eingeteilt: Schlafen (meistens zwischen 23.00 – 5.00 Uhr), der Schule (irgendwann dazwischen) und Mahl-zeit(en) – dies dann je nach Arbeitslücken bzw. momentanem Aufenthaltsort, was in den letzten Wochen am hiesigen Wochenende bzw. einer halben Woche Ferien entweder Berlin oder Föhr war.

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Föhr hat insgesamt neben Ruhe und Wind auch neue Einsichten in Sachen Süßigkeiten gebracht, ich wußte bis dato nicht, daß man eine Küche durchaus auch nur mit Zucker und Butter im Topf exothermen Reaktionen aussetzen kann. Was natürlich das kleinere Übel war, wenn man an das Endprodukt denkt, das dann auf der Zunge Freudentänze aufführt. Dennoch, beschaulich war es, mal wieder, lediglich übervolle Fähren waren ein gefühlter Einbruch in der An- und Abreisequalität, zumal ich die Ehre hatte, an einem Tisch zu sitzen, der von Madame beehrt wurde, die ihre heiße Schokoldade grundsätzlich mit überproportional viel Sahne trinkt und deswegen ein halbes Drama gegenüber der Schiffscrew im Salon aufführte, als einer von den vielen Servicekräften nicht gleich die richtige Menge an den Tisch brachte. Hui, ein bißchen Sylt-Etikette mitten in der Nordsee.
November 2012 Föhr/Strand Nieblum - [etwas] Licht.
November 2012 Föhr/Strand Nieblum – [etwas] Licht.
Mit Instagram bearbeitet.

Das Wetter war auch bei diesem kurzen Ausflug nicht unbedingt ein solches, welches man sich beim Strandurlaub wünscht, aber die Vorzüge eines kalten und nassen Wetters sind eben, daß der gemeine Tourist zu Hause bleibt und mir den Strand zur Gänze überläßt. Und wer Kabribik haben möchte, darf eben nicht nach Föhr reisen [auch wenn dies von der >>> Föhr-Tourismus-GmbH immer noch anders proklamiert wird]. Und wer hätte gedacht, daß man gut ein Jahr nach dem >>> Überbordgehen von einigen Containern vor Helgoland, gefüllt mit Schuhen der unterschiedlichsten Marken, noch Strandgut ausmachen könnte, welches zudem noch gut erhalten ist, fast fabrikneu?

November 2012 Föhr/nahe Goting Kliff - eingelagert.
November 2012 Föhr/nahe Goting Kliff – eingelagert.
Mit Instagram bearbeitet.

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Der Winter läßt hier in Stockholm weiterhin auf sich warten. Die Damen und Herren beim nationalen Wetterdienst sind sich noch nicht mal einig, ob der erste Advent am nächsten Wochenende nun weiß wird oder nicht. Dies schränkt natürlich meine Planung dahingehend ein, daß ich mir nun nicht sicher kann, ob ich am nächsten Samstag mit meinem Schlittenersatz, es wäre eine LIDL-Plastiktüte, in Wahnsinnsfahrt die Hänge im Wald von Arlanda hinuntersause. Ich bedauere dies eigentlich zutiefst.

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Es ist wieder die Zeit für >>> Julbord und Weihnachtsmärkte, außerdem haben die Nachbarn ihren Balkon in weihnachtliches Licht gehüllt. Für mich bricht nun also die stressigste Jahreszeit an: Vorweihnachtszeit.

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Die >>> neuerliche Rettung von SAS , Skandinaviens Fluggesellschaft, hat in meiner Schule im Lehrerkollegium doch für einigen Zündstoff gesorgt. Ich war allein auf weiter Flur mit der Überzeugung, die Fluglinie sollte man eher in die Insolvenz entlassen, als fortwährend Steuergelder in ein Unternehmen zu pumpen, das auf dem Markt nicht überlebensfähig ist. Zudem hatte ein Wirtschaftsprofessor der Universität Linköping festgestellt, >>> SAS wäre eine Frage der Demokratie, das Volk solle abstimmen. Mein Einwand, daß die Schweizer oder Belgier beim Bankrott ihrer nationalen Fluglinien ebenso wenig ein demokratisches Mitspracherecht hatten wie wohl der gemeine Steuerzahler in Schweden, wurde mit der Notwendigkeit einer nationalen Fluglinie in Skandinavien gekontert. Ich präzisierte meinen Einwand und fragte, wie ich als Nichtökonom denn bitte schön über das Schicksal eines riesigen Konzerns entscheiden solle, wo genau denn meine Kompetenzen lägen? Schweigen im Lehrerzimmer. Tja, nun sind also alle glücklich, SAS darf weiter völlig planlos in der Welt umherfliegen (denn ein eigenes Konzept als Kontrast zu Billig- oder Premiumfluggesellschaften gibt es nicht), auch wenn Norwegen und Dänemark ihre Anteile loswerden wollen und das fliegende Personal sicherlich unter glücklich etwas anderes versteht als die errungenen Kompromisse. Und ich bin wohl ein bißchen als Kapitalist verschrien.

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Die Schüler wollen nicht mehr, man merkt, daß es geschwind auf Weihnachten zugeht. Hausaufgaben? Fehlanzeige! Einreichen schriftlicher Aufgaben? Fehlanzeige! Verzweifeltes Benehmen bei Krankheit des Lehrers wegen Unterrichtsausfall? Fehlanzeige! [Ich gebe an dieser Stelle zu, daß es mir in meiner Schulzeit zumindest im letzten Punkt ähnlich erging.]

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Ich komme immer noch nicht darüber hinweg, daß ich zu Weihnachten über München nach Berlin fliegen muß.

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In Anbetracht dessen, daß eine gründliche Reflexion über den vorletzten Flug mit Air Berlin ergeben hat, daß die Mitarbeiter dort auf dem „Zahnfleisch“ krauchen und eigentlich nur ein Produkt dessen sind, was Herr Mehdorn in dieser Fluggesellschaft veranstaltet, habe ich nun doch wieder Flüge mit ihnen gebucht.

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Schönen Wochenstart aus Sthlm!

Tumba-Vasa-Berlin-Vasa-Föhr-Vasa-Tumba

Ein endloser Kreis ist es, den das Leben doch beschreibt. Zwei Monate Ferien, und am Anfang stand das >>> Tumba-Gymnasium. Obschon Anfang Juni noch nicht klar war, ob es denn auch das Ende wäre. Die Unterschrift auf dem Vertrag für eine Vollzeitstelle als Englisch- und Deutschlehrer wurde doch recht spät vollzogen, zwischen Vasamuseum und dem Stockholmer Rathaus, das Schicksal eines Touristenführers. Immerhin, sie wurde vollzogen, so daß der Sommer mit Ausnahmen den Touristen gehörte.  Mit Ausnahmen kann hier eine kurze Reise gen Berlin im Juli genannt werden, die freilich jeden Kalender sprengte, den es auf dieser Welt gibt, es gilt zu beklagen, daß der Tag nicht 100 Stunden hat, so daß auch diesmal einige auf der Strecke blieben. Es sei ihnen aber an dieser Stelle versichert: ich komme wieder! Bedauerlich allerdings ist der Umstand, daß die Flugpreise inzwischen deutlich angezogen haben, man kann durchaus einen Direktflug von Sthlm nach Berlin für den Preis einer Reise von Frankfurt nach New York bekommen. Wie gut, daß ich die Flüge für Weihnachten schon im März dieses Jahres gebucht hatte …

Neben Berlin galt es natürlich, der Insel Föhr einen Besuch abzustatten, lehrreich war dieser, wie immer. So habe ich zur Kenntnis genommen, daß just in dieser Saison die Quallen in der Nordsee extrem ausgeleiert waren,  man sollte es sicherlich mit fett umschreiben können. Zudem habe ich, oh Premiere, daß erste mal einen Einsiedlerkrebs beim Einzug beobachtet. Während unzähliger Versuche einer fotografischen Aufnahme dieses Ereignisses, liegend und stehend im Watt, gab mir eine vorbeikommende Touristin den Tipp, daß man ihn doch mal schütteln und umdrehen sollte, damit er aus dem geklauten Hause heraus käme. Ich merkte dazu nur an, daß ich alles versucht hätte: höflich anklopfen, leicht ankippen und ein bißchen pusten. Schütteln wäre mir dann aber doch zu brachial, man will ja nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen. Die Nachtaktivitäten sollen noch erwähnt werden, schließlich wurde ja diesen Sommer das Firmament mit Sternschnuppen gesprengt! Dabei die Internationale Raumstation ISS zu finden, war nicht ganz leicht, aber es glückte, gleich zwei mal. Nachdem man die Himmelsrichtungen sortiert und in die richtige Richtung geguckt hatte.

Und drum herum immer wieder Touristen, amerikanische und deutschsprachige. Die Amis meinten, Frau Merkel wäre inzwischen zu stark, die deutsprachigen hingegen wollten immer nur wissen, ob denn nun König und Königin in der Stadt wären. Zu ersteres hatte ich vorsichtshalber keine Meinung, bezüglich König und Königin konnte ich immer nur darauf verweisen, daß auch diese mal Urlaub hätten und deswegen nicht zugegen wären.

Und dann schließt sich der Kreis wieder, vor zwei Wochen hat die Schule begonnen, in Stockholm und am Tumba-Gymnasium. Und Schockschwerenot, nachdem ich den Bahnhof und die Schule wiederfand, sogar meine Chefin ausmachen konnte, sprang diese auf mich zu und umarmte mich, als ersten Akt im neuen Schuljahr. Öh, irgendwie, nach knapp acht Jahren Schweden, habe ich mich an das, genau das, noch nicht gewöhnt, es zieht mir doch immer wieder die Schuhe aus.  Fehlt nur noch, daß die Schüler mit offenen Armen auf mich zu hüpfen (ich glaube, dann renne ich aber weg, der Sicherheit halber).

Nun denn, ich bin gespannt, was dieses Schuljahr so alles zu bieten hat … neue Schüler, neue Hausaufgaben, neue Gründe für alles und nichts im Klassenzimmer!  Es wird schon klappen [auch wenn mir ein Schüler vorgestern eröffnete, daß er kein Englisch spreche, auch wenn er aus dem vorigen Kurs mit Bestanden gekommen sei – ei ei Überraschungen]. Ich werde berichten!

August 2012 Föhr - Ohne Element.
August 2012 Föhr (bei Wyk) – Ohne Element.

August 2012 Föhr (bei Wyk) - Leblos.
August 2012 Föhr (bei Wyk) – Leblos.

August 2012 Föhr (bei Wyk) - Eingezogen.
August 2012 Föhr (bei Wyk) – Eingezogen.

August 2012 Föhr (bei Wyk) - [völlig blau] gestrandet.
August 2012 Föhr (bei Wyk) – [völlig blau] gestrandet.

August 2012 Föhr (bei Wyk) - platzverbrauchend.
August 2012 Föhr (bei Wyk) – platzverbrauchend.

Beim ersten Mal direkt dabei – 1. Föhr-Marathon

Ich hatte ja schon hier und da angedeutet, daß ich wohl demnächst zu einem sportlichen Ereignis reisen würde, wenn auch nicht an diesem unmittelbar teilnähme, zumindest nicht in der Funktion eines Sporttreibenden. Und so kam es, daß ich mich am letzten Freitag in den abendlichen Flieger gen Hamburg schwang, welches ich mitten in der Nacht erreichte. Nach exakt vier Stunden Schlaf machte ich mich dann weiter in Richtung Föhr auf, welches ich recht früh erreichte, um zehn Uhr dreißig setzte die Fähre zum Anlegen an, und siehe, es gelang, auch wenn der Wind nichts gutes im Schilde führte, nicht am Samstag und nicht am Sonntag, was umso schwerer wog, da fast 300 Menschen zum >>> ersten Föhr-Marathon antraten und gegen den Wind liefen. Wobei das Wort „liefen“ den Sachverhalt nicht zur vollen Entfaltung bringt, denn was man im Ziel so alles an verbalen Seitenschlägen zu verkraften hatte, sprengt jede gute Kinderstube. Darüber möchte ich aber erst an geeigneter Stelle sprechen.

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[friesisch karibischer] Nachschlag.
Föhr

Nun denn, dieses Jahr wurde es endlich mal wieder geschafft. Nach dem Jahreswechsel in Berlin haben mich verschiedene schienengebundene Verkehrsmittel bis an die Nordseeküste gebracht, danach übernahm die Wyker Dampfschiffs-Reederei und verfrachtete mich in einer (für mich) waghalsigen Überfahrt im auflaufenden >>> Orkantief Ulli direkt in die >>> Friesische Karibik, also auf die Insel Föhr, die im Winter 2011/12 recht tropisch wart. Im Gegensatz zum Winter 2009/10, die Nordsee vollbedeckt mit Eisschollen und das Watt glatt wie eine Bananenschale, hauchte der Wind in starken Brisen, neben Ulli lief ja auch >>> Andrea zu Hochformen auf, Regen sorgte für eine entsprechende Feuchtigkeit, und das Thermometer weigerte sich beständig, an der Null-Grad-Marke zu kratzen.

Vom Wetter läßt man sich aber nicht abhalten, und so konnte ich wieder karibiktypische Unternehmungen vorantreiben und durchführen, welche u.a. wären:

  • das Betrachten einer klitzekleinen Sturmflut (es war meine erste)
  • Begleitung von archäologischen Funden im Watt, die dann im örtlichen Museum hinterfragt wurden
  • Flugversuche am Strand bei Ankunft von Andrea, leichtes Gesichtspeeling durch Sandsturm
  • fotografischer Feldversuch „Müllkippe Nordsee“
  • mobile Erkundung der Strecke des >>> Ersten Föhr-Marathons [Deutschlands nördlichstem Marathon], den ich im April aktiv begleiten werde, mit der Kamera
  • intensive Wortfindungsprobleme beim Spiel Scrabble zusammen mit meinen Gastgebern [es war wie immer schön!]
  • Teilnahme an der Eröffnung eines neuen Poolraumes im >>> Robbenzentrum Föhr
  • Besuch einer Sonderausstellung im >>> Friesenmuseum Wyk zum Thema: „Sturmflut – wat geit mi dat an?“
  • endlose Spaziergänge am fast menschenleeren Strand
  • dem Klönen frönen

Bedauerlichweise hieß am Sonntag schon wieder Abschied nehmen, via Hamburg und Kopenhagen ging es dann wieder gen Stockholm, und ich kann diesmal übrigens nicht behaupten, im Urlaub vor den Schweden sicher gewesen zu sein, gab es doch tatsächlich ein schwedisches Paar, das am Hafen zum Kauf einer Fährfahrkarte mit dem Auto vorfuhr, das Nummernschild verriet: es waren Stockholmer. Macht aber nichts, bei einem Vertretungsjob an einer anderen Schule am heutigen Tage stellte sich eine Kollegin vor, die, nachdem ich den deutschen Dialekt rausgehört hatte und frech nach der Herkunft innerhalb Deutschlands fragte, aus Ostfriesland kommt. Warum also auch nicht umgekehrt. Dennoch, das Hirn wart wieder frank und frei nach dem Besuch auf Föhr, der Sand hat es reingeschliffen. Hoffe ich. Und natürlich habe ich ein paar visuelle Eindrücke von der Insel mitgebracht. Wie immer: Zum Vergrößern ins Bild klicken.

Jan. 2012 Föhr (Strand b. Borgsum) - Komposition.Jan. 2012 Föhr (Strand b. Borgsum) - Fingerzeig.
Jan. 2012 Föhr (Strand b. Borgsum) - Abgelegt.Jan. 2012 Föhr (Strand b. Borgsum) - Ein Licht geht auf.
Jan. 2012 Föhr (Strand b. Hedehusum) - Versauert.Jan. 2012 Föhr (Strand b. Hedehusum) - Kontraststrandgut.
Jan. 2012 Föhr (Strand b. Hedehusum) - Walze.Jan. 2012 Föhr (Strand b. Hedehusum) - Meeresfrucht?
Jan. 2012 Föhr (Strand b. Hedehusum) - Fremd(körper).Jan. 2012 Föhr (Strand b. Hedehusum) - Versperrt.
Jan. 2012 Föhr (Strand b. Hedehusum) - Farbabgleich.Jan. 2012 Föhr (Strand b. Hedehusum) - Dünensitzgelegenheit (versteckt).
Jan. 2012 Föhr (Strand b. Hedehusum) - Natur?
Jan. 2012 Föhr (Strand b. Nieblum) - Sand.Jan. 2012 Föhr (Strand b. Nieblum) - Durchbruch.
Jan. 2012 Föhr (Strand b. Nieblum) - Friesische Karibik?Jan. 2012 Föhr (Wyk Hafen/Fischmarkt) - (leicht) verwässert.
Jan. 2012 Föhr (Wyk Hafen/Fähranleger) - Fluten?