Midsommarafton.

2011/06/24 Stockholm Märsta. Midsommarafton.
2011/06/24 Stockholm Märsta. Midsommarafton.

Nachdem ich gestern zweimal meinen Kaffeepott in tänzerischer Manier umrundet habe, eine Erklärung des Mittsommerfestes findet sich >>> hier, bin ich einfach mit der S-Bahn gen Märsta gefahren und habe zusammen mit Silvia, León und meiner neuen Liebe Zeta den Mittsommerabend begangen. Zeta ist, bevor nun alle vom Stuhl fallen, Silvias Katze, die mir nicht mehr von der Stelle weicht, ich denke, mein Einzug am heutigen Tage sollte ein einschneidendes Erlebnis für uns beide sein. Tja, und da ich brav gegen Mitternacht nach Hause gefahren bin (die Kollateralschäden an Mensch und S-Bahn waren GEWALTIG), und immer noch die Buchstaben auf der Tastatur finde, wird der Morgen wohl ohne Kater begonnen, ich bin gespannt, wie es mit dem Rest der Bevölkerung aussieht … Es sollte wehtun!

[ungefähr] genau so.

Und morgen war es dann wieder soweit: der Mittsommerabend, auf Schwedisch midsommarafton genannt. Der gemeine Schwede fährt dann aufs Land, rammt die Mittsommerstange in die Erde und beginnt nach reichlich Essen und Trinken, wobei der Schwerpunkt des ganzen Abends sich immer mehr auf zweiteres verlegt, um eben diese Stange zu tanzen. Je nach Schwere der Alkoholvergiftung kann dieser kollektive Tanz als solcher noch identifiziert werden, zuweilen allerdings ist die Feinmotorik derart außer Gefecht gesetzt, daß man nur von unkontrollierten Bewegungen in diverse Richtungen sprechen kann, ergo also eine Koordination des Körpers nicht mehr stattfindet. Damit man den entsprechenden Promillewert im Blut auch wirklich erreicht, wird am heutigen Donnerstag das Systembolaget [ wir erinnern uns: der staatliche Alkoholabgabeladen] gestürmt, denn morgen ist dieses bekanntlich geschlossen. Dies wiederum eröffnet also die Möglichkeit, am heutigen Tage durch Kampfeslust aufzufallen, schließlich ist so ein Laden normalerweise schon am Nachmittag leergekauft, wer eben zu spät kommt, den bestraft das Leben [hilfsweise das Systembolaget]. Natürlich kann man den Mittsommer auch in der Stadt feiern. Als Mittsommerstange hält dann einfach irgendeine Haltestange in der U-Bahn her, wer es selbst nicht mehr in ein solches Vehikel schafft, der kann auch gern um Tische herumtanzen oder diese gleich komplett erobern. Sollten auch Tische nicht zugegen sein, eignet alles andere, was umtanzt werden kann, z.B. Straßenlaternen, Gullideckel, ausgeführte Hunde, der Papierkorb oder ein ausgewählter Pflasterstein. Wichtig nur: niemals einsam durch die Stadt ziehen und den Tanz um die Stange [bzw. die Alternativen] wagen, die Ausfallerscheinungen durch das Mittsommerfest sind ein kollektives Erlebnis!

[flash http://www.youtube.com/watch?v=LgqVjsaxbJ4]

Ich werde morgen einfach um meinen Kaffeepott tanzen, denn ein Schwede bin ich nicht, und kollektive Besäufnisse sind, auch im Jahre sechs hier in Schweden, nicht meine Sache. In diesem Sinne: Trevlig midsommar!

[unzweifelhaft] äußerst häßlich!

2011/06/18 Stockholm Kaknästornet. Arme Architektur.
2011/06/18 Stockholm Kaknästornet. Arme Architektur.

Wie man ja weiß, hat jede Stadt auf dieser Welt irgendeinen Schandfleck, den sie nicht gerne zeigt, schon gar nicht Touristen, und in diesem Fall wäre das der Stockholmer Fernsehturm, auch >>> Kaknästornet gennant. Ich hatte nun die Ehre, am letzten Samstag auf diesen Betonspargel hinaufzufahren, ganz umsonst und für die Bildung. Es war nämlich ein weiteres Training für meinen Sommerberuf als Touristenführer in Stockholm, ich soll morgen nämlich Passagiere der MS Deutschland, besser bekannt als das >>> Traumschiff aus der gleichnamigen ZDF-Serie, auf dieses Wunderwerk der modernen Technik entführen, damit diese bei einer durchaus beneidenswerten Aussicht einen Cocktail schlürfen können. Mir wird selbiger selbstverständlich versagt, ich soll ihnen danach ja noch die Altstadt und Drottningholm zeigen, auch wenn man nun darüber diskutieren könnten, ob mir Drottningholm nicht nach einem Cocktail leichter von der Zunge gehen sollte …

2011/06/18 Stockholm Kaknästornet. Nahe dran.
2011/06/18 Stockholm Kaknästornet. Nahe dran.

Nun denn, noch spannender war die danach durchgeführte Bootstour durch Stockholm, auf diesem >>> Bötchen. Natürlich auch völlig für lau, gehört ja alles zum Training dazu. Bedauerlicherweise hatten wir recht stürmischen Wind, was sich vor allem auf der Ostsee durch Schunkeln bemerkbar gemacht hat, ich wundere mich, wie ich morgen das doch recht drastische Anklopfen meines Magens bei der letzten Tour verhindern werde, allerdings gehe ich davon aus, daß ich so mit meinen Touristen beschäftigt sein werde, daß es mir letztendlich wurscht ist.

So ein richtig dufter Abschluß war dann am Samstag eine klitzekleine Kneipentour mit ein paar Guidekollegen mit anschließendem Rave im Wald. Hui, eine illegale Technoveranstaltung, so ganz ohne Klo, aber mit viel Musik und langem Tanzen unter freiem Himmel. Dunkel war es ja nicht, wir haben im Moment helle Nächte in Stockholm. Und der mehrstündige Sonnenaufgang hat dem Ganzen natürlich eine besondere Atmosphäre verliehen.

2011/06/19 Stockholm Lilla Skuggan.
2011/06/19 Stockholm Lilla Skuggan. Wer tanz nicht gern unter diesem Himmel?

Und siehe da, der Renke hält noch durch, morgens um sieben am Sonntag war man dann irgendwann zu Hause. Der Sonntag war natürlich gelaufen, und der Montag und heutige Dienstag wurden wieder für unterschiedliche Serviceaufträge innerhalb der Touristikbranche angewandt. Gestern meine Lieblingstour, Stockholm per Bus entdecken und Besuch des Vasa-Museums, heute dann Transfer-Dienste vom Kreuzfahrtschiff nach Arlanda Flugplatz und retour – übrigens ein sehr verwunderliches Gefühl beruflich auf Arlanda zu sein. Wobei mich heute mal wieder der Kulturschock eingeholt hat, ich hatte ein amerikanisches Paar, das keinerlei Flugunterlagen an der Hand hatte … sie wurden leicht hysterisch. Aber es wäre ja gelacht, wenn ein Vielflieger wie ich das nicht hätte lösen können, die Fluggesellschaft des Paares, die SAS, hat nach einem kurzen Gespräch einfach nach den Namen im System gesucht, die Buchungsnummer rausgerückt und ich konnte dann den beiden beim Automaten-Check-In so zur Hand gehen, so daß alles nach Plan verlief, sie sollten inzwischen auf dem Weg nach Chicago sein. Tja, die haben sich auf die Aussagen des Reiseveranstalters verlassen, daß man in Europa einfach nur den Paß vorzeigen müßte, in diesem Falle allerdings wollte man auch die Buchungsnummer wissen, und die war eben nicht zur Stelle.

Jo, ick liebe dit allet, wenn ich das mal so ausdrücken darf, jeden Tag was neues. Fehlt nur noch, daß meine Bootstour morgen im Wasser endet …

(auf die Woche) zurückgeschaut.

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Jeden Tag Regen. Heute sind es karibische 13°C. Der Midsommar soll nicht wärmer werden. Ich habe mir den schwedischen Sommer in der Hauptstadt anders vorgestellt. Was soll ich nur meinen Touristen am kommenden Montag sagen? Runter vom Kreuzfahrtschiff in den Winter?

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Jeden Tag auf dem Gleis. Pendeln wird ein Hochleistungssport von mir. Funktionierte nur teilweise. Es gibt jeden Tag einen geheimen Ort, an dem irgendwo der Strom ausfällt oder ein Signal über den Jordan geht. Stockholm hat seine Massentransportmittel noch nicht so recht im Griff.

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Dem Shoppingwahn verfallen [mir wurde schwindelig]. Ein Elchkissen gekauft, ganz wie ein Tourist. Das wird nach Berlin verfrachtet. Außerdem, es wurde Zeit, will man auf Södermalm die Millenniumtour mit seinen Touristen machen, wurden Bücher gekauft: Stieg Larssons „Millennium Triologie“ auf Schwedisch; „Män som hatar kvinnor“, „Flickan som lekte med elden“ und „Luftslottet som sprängdes“. Wunderte sich dabei, daß die deutsche Übersetzung der Titel irgendwie rein gar nichts mit den Originaltiteln zu tun hat („Verblendung“, „Verdammnis“, „Vergebung“). Was soll man machen?

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Jeden Tag auf Gamla Stan gewesen. Beruflich zum Zeigen und Staunen, privat um zu quatschen und zu süffeln, in Maßen natürlich. Immer wieder schön, also das Quatschen und Süffeln, das Zeigen eher Routine und gewohnt.

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Die Pest der Lüfte wiedergetroffen. So nah nur am Mittwoch auf Södermalm, am Södra Teatern (Freiluftbar), beim Biere mit Freunden. Der Regen gab dem Bösen einen Vorteil, wir mußten unter einen Baum. Später im Sjögräs (Seegras) weitergemacht. Ein fantastischer Abend!

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Außerdem erlebt:
Ein langes und tolles Skypegespräch mit Budapest geführt. Jordgubbstårta mit Schülern gebastelt. Irgendwie macht man die Erdbeertorte anders in Schweden. Sei es drum. Zu wenig geschlafen, zu wenig gegessen. Kommt vor.

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Nächste Woche:
In der Stadt, zum Zeigen. Umziehen ganz am Ende. Mittendrin Flughafen Arlanda, Empfangnahme neuer amerikanischer Gäste. Vorbereitung Berlin-Reise. Eventuell Kanalfahrt mit Touristen auf einem Bötchen, wird schunkeln.

Frohes Schaffen und schönes Wochenende!