Durchaus kalt.

Wenn einer eine Reise tut, vor allem der Renke, dann hat er viel zu kritisieren. Denn eigentlich funktionierte eine ganze Menge gestern nicht. So fuhr die S-Bahn zwar, aber nicht nach Fahrplan. Da steht man frank und frei auf dem Bahnhof, dem zugigen, Frankfurter Allee und beobachtet mit Spannung den Zielanzeiger, der einem verspricht, die S-Bahn käme in 7 Minuten. Interessanterweise verkleinerte sich die Minutenzahl über eine ganze Weile nicht, ganz im Gegenteil, sie schickte sich irgendwann an, eine Vergrößerung zu betreiben, so daß dann nach gut sieben Minuten der nachfolgende Zug, den ich nicht nehmen konnte, fuhr er doch nach Hohen Neuendorf, ich brauchte die Ringbahn, die erstere Position einnahm und dann auch vorfuhr. Die Ringbahn kam dann irgendwann, allerdings mit erheblicher Verspätung. Die Fahrgäste wurden darüber natürlich nicht informiert. Sicher, eigentlich wollte ich den Bus nehmen, aber die Lust fehlte mir, es geht mit der S-Bahn eigentlich, so sie denn fährt (also im Gegenteil zu dem, was im Moment in Sachen S-Bahn in Berlin passiert), eine halbe Stunde schneller. Wie auch immer, der Flughafen wurde erreicht, man stieg pünktlich ein – und es passierte nichts. Abflug war laut Plan um 10.35 Uhr, aber man staune, das Gepäck war noch nicht eingeladen. Es scheint, nach den neuerlichen Vorfällen in Detroit wird dieses erst eingeladen, wenn alle Personen an Bord sind und die Türen verschlossen wurden. Und das ist mir ehrlich gesagt neu. Zwar weiß ich, daß bisher immer kontrolliert wurde, ob alle Passagiere mit aufgegebenem Gepäck auch wirklich das Flugzeug bestiegen hätten, jedoch wurde das Gepäck eigentlich schon während des Einstiegevorganges eingeladen. Diesmal eben nicht, und nicht nur bei uns, es ging etlichen anderen Maschinen ebenso. Wenn man dann das Enteisen noch dazu rechnet, sind wir doch mit 30 Minuten Verspätung los, was mich ärgerte, weil ich den Zug 13.07 Uhr nach Falun kriegen wollte, was mir rein theoretisch auch gelungen wäre, wir konnten während des Fluges einiges an Verspätung rausholen, wenn man mir nicht am Bahnschalter auf Stockholm Arlanda um 12.55 Uhr gesagt hätte, daß der Zug nicht fährt. Und spätestens hier hätte es bei mir klingeln müssen … in Sachen Feiertag z.B. Hat es aber nicht, was mir später auf die Füße fallen sollte.

In Stockholm hatten wir übrigens ganz ordentliche -24°C, was mich davon abhielt, allzu lange die frische Luft zu genießen, ich mußte ja nun immerhin eine Stunde auf den Zug warten. Dieser kam dann auch pünktlich um 14.07 Uhr. Die Betonung liegt hier auf KAM und PÜNKTLICH, bei der Deutschen Bahn ist das ja im Winter immer so ein Problem, ich frage mich, wieso man das hier einfach besser hinbekommt? Man könnte viel unken, z.B. daß man hier einfach die ganze Infrastruktur und die Züge besser wartete, aber auf die Schnelle kann ich das nicht beweisen. Macht aber auch nichts, wir kamen gut durch und erreichten Falun pünktlich bei schmucken -27°C. Und da ja gestern ein Wochentag war, freute ich  mich darauf, den Bus vom Zentrum aus nehmen zu können, so ein Marsch mit Gepäck bei solch (leicht) kalten Temperaturen ist ja nicht unbedingt gemütlich. Auf dem Weg zur Mitte Faluns allerdings fiel mir auf, daß alle Geschäfte geschlossen waren und allgemein in der Fußgängerzone keiner unterwegs war. Zweite Chance für ein Klingeln, aber vertan. Als ich mich jedoch auf die Haltestellen zubewegte und merkte, daß dort auch keiner stand, um 17 Uhr hätte Berufsverkehr sein müssen, knallte es schlagartig vor meinem geistigen Auge: Trettondedag jul – Heilige Drei Könige Feiertag. Wunderbar. Einfach nur wunderbar! Damit fährt der Bus nur einmal in der Stunde und war, wie kann es anders sein, gerade weg. Tja, nun bin ich ja wahrlich nicht lauffaul, und normalerweise gehe ich die Strecke Bahnhof – Studentenwohnheim auch in zwanzig Minuten, bei Wind und Wetter. Aber bei minus 27 Grad breitete sich eine Art Anti-Haltung in meinem Körper aus, das Hirn produzierte gegen meinen Willen negative Schwingungen. Was soll’s, ein Taxi war mir einfach zu teuer, so galt es nun also die in Berlin erstandene neue Winterausrüstung für den Kopf und die Hände im Extremtest auf die Tauglichkeit hin zu überprüfen, was dann mit dem Prädikat „sehr gut“ abgeschlossen wurde. Zwei Sachen allerdings stehen nach 30 Minuten laufen in eisiger Kälte auf der Agenda: Da ich lange Unterhosen hasse, muß alsbald, also zeitnah, eine Skihose her und die Nase braucht unbedingt auch noch eine Verkleidung – also das Atmen ging durch Frieren eigentlich kaum noch. Als drittes sollte man sich überlegen, eventuell doch einmal die schwedischen Feiertage in seinen Kalender einzutragen, dann wäre man vor solchen Überraschungen geschützt.

Nun denn, auf der anderen Seite muß ich sagen, trotz klirrender Kälte, ist die Landschaft in Schweden einfach nur ein einziger Wintertraum, wie man vielleicht beim Ansehen des obligatorischen Landevideos von Arlanda erahnen kann (ein Startvideo mußte auf Grund der Enteisungsflüssigkeit auf dem Fenster ausfallen). Allein die Zugfahrt nach Hause war einfach eine Wucht, denn im Sonnenuntergange leuchtete alles nur noch in Orange, was mit dem Schnee und den gefrorenen Seen ein spektakuläres Bild ergibt. Sicher, ich hätte das Ganze mit der Kamera festhalten können, aber auf der anderen Seite könnte ich auch sagen: Einfach mal den Hintern in den Flieger schwingen und selbst angucken!

Und damit sei der Reisebericht beendet, ich habe nämlich ein bißchen zu tun (die Thesis brauchen nochmal eine kleine Überarbeitung, sie müssen morgen eingereicht werden), bevor es dann am Sonntag schon wieder Richtung Deutschland geht … uff die Insel, so isset! Bis dahin!


2010/01/06 * Approach/Landing ESSA/ARN/Stockholm Arlanda, rwy 01L * Air Berlin 8102, B737-76J (WL), reg. D-ABLC * Arriving from EDDT/TXL/Berlin Tegel. Approach into a damn cold Arlanda (-24°C at 12.00 h).

Reisende soll man nicht aufhalten!

Daher brechen inzwischen auch schon die letzten Stunden hier in Berlin an, abends wird sich noch einmal mit dem Kalle, der Katja, der Sabine und der Uli getroffen, und dann heißt es morgen Daumen drücken, möge die Air-Berlin-Maschine nach Stockholm ihren gewaltigen Hintern in die Lüfte kriegen. Allerdings wird es wieder spannend, wie der Flughafen erreicht wird, denn die S-Bahn-Berlin hält sich an das obige Credo nun ganz und gar nicht. Der Notfahrplan wird fast im Tagestakt heimlich still und leise verändert, das Angebot auf Grund widriger Witterungsverhältnisse weiter und weiter reduziert, sicher, der Winter ist in Deutschland ja das Achte Weltwunder. So ein >>> Chaos, das ja nun schon über ein halbes Jahr andauert, hat es selbst unter Reichsbahnzeiten bei der S-Bahn nicht gegeben, die Herren Direktoren und Betriebsleiter wären wohl sonst wegen Sabotage am Volkseigentum vor den Kadi gekommen. Tja, die Zeiten haben sich eben doch geändert. So werde ich mein Glück morgen einfach mit dem Bus versuchen, es kann ja nur schiefgehen.

Bedauerlich ist, daß ich dieses mal nicht alle so sehen und treffen konnte, wie ich mir das vorgestellt hatte, Ereignisse im Familienumfeld haben das teilweise unmöglich gemacht. Da muß ich durch, und da müssen die durch, die mich nicht gesehen haben. Wir sollten uns aber darüber einig sein, daß ich sicherlich nicht das letzte Mal in Berlin war, die Flugplanungen rechts sehen ja schon wieder vielversprechend aus!

Wie auch immer, die letzten zwei Wochen waren aufregend, feierlich, genügsam, leicht pädagogisch, herzlich und einfach nur schön, wenn ich auch zugeben muß, daß ich mich auf mein winterliches Falun freue, der Schnee soll in Massen liegen und am morgigen Tage werden bei meiner Ankunft abends -26° erwartet, der Morgen des Donnerstags soll dann mit frischen >>> -32°C begonnen werden. Ach, ich bin gespannt, wie sich das anfühlen wird! Ich werde berichten, ganz bestimmt.

Bis dahin verabschiedet man sich meinerseits nun, dankt noch mal all seinen Lieben für die wundervollen Ferien hier und verspricht: Ich komme wieder!

Gott Nytt År!

Gut reingerutscht und einen dicken fetten lieben Dank an die Ina und den Peter, an die Steffi auch, den Mace nicht vergessen. Und an alle, die gestern mitgefeiert haben! Leute, Leute, es war schön, herrlich und wunderbar! Es ist immer wieder ein Genuß, mit Euch zu feiern … und daß man solche Freunde hat. TUSEN TACK!

2010/01/01 Berlin - Silvester
2010/01/01 Berlin – Silvester

2010/01/01 Berlin - Silvester. Steffi und Renke im neuen Jahr.
2010/01/01 Berlin – Silvester. Steffi und Renke im neuen Jahr.

2010/01/01 Berlin - Silvester. Mace, Steffi, Renke, Ina, Norman (hinten) und der Peter im neuen Jahr.
2010/01/01 Berlin – Silvester. Mace, Steffi, Renke, Ina, Norman (hinten) und der Peter im neuen Jahr.

2010/01/01 Berlin - Silvester. Die Ina und der Renke im neuen Jahr.
2010/01/01 Berlin – Silvester. Die Ina und der Renke im neuen Jahr.

2010/01/01 Berlin - Silvester. Peter, Ina, Renke, Mace und die Steffi im neuen Jahr. Völlig nüchtern versteht sich!
2010/01/01 Berlin – Silvester. Peter, Ina, Renke, Mace und die Steffi im neuen Jahr. Völlig nüchtern versteht sich!

In Sachen: vorweihnachtliche Besinnlichkeit.

Mal davon abgesehen, daß Berlin schlaucht und zu Höhenflügen ansetzen läßt, im Allgemeinen doch recht aufregend die letzten Tage war, hatte man meinerseits heute einmal mehr die Möglichkeit, die vorweihnachtliche Besinnlichkeit der Berliner beim örtlichen Supermarkt meines Vertrauens erfahren zu dürfen. Es trug sich nämlich zu, daß man Flaschen meinerseits ganz umweltfreundlich im Rücknahmeautomaten für Pfandflaschen einlegen wollte, und mit einer in dieser Angelegenheit auch recht erfolgreich war. Bei der zweiten hingegen schlug der Alarm des Automaten an und ließ damit verlautbaren, daß humane Hilfe vonnöten wäre. Ein freundlicher Mensch hinter mir machte sich dann auch sogleich auf den Weg zu den Kassen, um Mitteilung über diesen Defekt zu machen. Ich meinerseits kramte während dessen im Rucksacke herum, ich suchte nach dem Einkaufszettel, unterstützt wurde dies durch „Stille Nacht, heilige Nacht“. Dieses friedliche Miteinander wurde urplötzlich durch ein Quaken unterbrochen, welches an mich gerichtet durch die Lüfte hallte: „Würden sie sich jefälligst mal beeilen? Sie sind hier nicht der Einzige!“ Verständlicherweise arbeitete mein Zentrum für „Contenance-Bewahrung“ auf Hochtouren und bereitete eine entsprechende Gegenreaktion vor, nur der verbale Vernichtungsgrad war noch nicht eingestellt. Tja, „Stille Nacht“ eben. Ich habe dann, nachdem der nette Mensch hinter mir anmerkte, der junge Herr wartete und könnte sich auf Grund des Defektes nicht beeilen, einfach nur ein langes Nö in die Welt gehaucht und angemerkt, daß man die Ankunft des Heiligabend durchaus erahnen kann, die Menschheit würde im lokalen Supermarkt doch recht heftig und hysterisch an der Schraube drehte. Danach war dann Ruhe. Ich wollte ja eigentlich gar nicht in den Supermarkt, ich wollte eigentlich gar nicht …