Ein schwedisches Wort – nr. 45

Angesichts aktueller Ereignisse von wahrer Wichtigkeit, bietet es sich heute einmal an, lieber Leser, Frontalunterricht zu betreiben, natürlich im Rahmen der technischen Möglichkeiten eines Blogs. Ich biete zwei Wörter an, die einem im Moment tagtäglich um die Ohren gehauen werden, und eines, was die anderen beiden mehr oder weniger zusammenfaßt, als wir da nun hätten:

Julbordet + Svininfluensan = förstörda julvansinnet

Nun gut, Svininfluensan schreit ja förmlich gewaltig nach dem deutschen Pendant Schweinegrippe, welchem es dann auch entspricht, grammatikalisch ganz richtig: die Schweinegrippe. Denn, genauso wie in Deutschland hat das Thema Schweinegrippe die Medien und die Gesellschaft in Schweden fest im Griff. Im Zug wird man neuerdings komisch bis bestrafend angeguckt, hustet man aus Versehen ein bißchen. Es ist dabei völlig unerheblich, ob man nun eine Erkältung hat, natürlich eine ganz ordinäre, oder die Klimaanlage des Fliegers die Nase noch zum Tanzen bringt:  Solange man nicht an der Svininfluensa leidet, hat man gefälligst nicht zu husten bzw. ist man von ihr befallen, fährt man natürlich nicht Zug. Allerdings ist die Impfpanik in Schweden in Bezug auf das Virus nicht ganz so dramatisch und heiß diskutiert wie in Deutschland, hier werden ganze Schulen durchgeimpft, ein Phänomen, was ich zuletzt in der DDR erlebt habe. Dennoch hat die Schweinegrippe ernsthafte Auswirkungen auf den Julvansinne. Wer nun bei der Übersetzung ins Schlingern gerät, es sollte nicht so einfach wie bei Svininfluensa sein, dem sei gesagt, daß dies durchaus statthaft ist, dennoch leicht sein sollte, kennt man den Renke und seine Einstellung zum alljährlichen  Weihnachtswahnsinn, der ja bei LIDL und Co. schon Ende August Einzug hält. Und genau dieser Wahnsinn, der Julvansinne, wird nun angegriffen durch die Svininfluensa. Sicher, das Aufstellen von Tannenbäumen wird kaum durch die Schweinegrippe tangiert, auch die Wahlen der Lucia anläßlich des Sankta-Lucia-Tages sollten kein Problem sein, allerdings wird mehr und mehr das Julbord über den Haufen geschossen. Wer es noch nicht kennen sollte, Julbordet heißt frei übersetzt soviel wie  der Weihnachtstisch und stellt eine schwedische Tradition dar, die alljährlich massenweise zelebriert wird, ab Ende November bis ran zum Heiligabend. Dabei wird meist ein Buffet aufgebaut, an dem man sich dann schön der Reihe nach bedient und an den unterschiedlichsten Gerichten vergreift, wie z.B. an Köttbullar, Julskinka (Weihnachtsschinken), Janssons frestelse, Julmust, Schnaps usw. Und damit man auch maximal in Gesellschaft essen und trinken kann, wird dieses Julbord so ziemlich von allen und jedem abgehalten und durchgeführt. Die Angestellten der Universitäten haben ihr Julbord, genauso wie kleine und große Firmen, Schulen, Studentenheime, Kindergärten, jeder, aber einfach jeder muß einmal im Jahr an solch ein Julbord ran. Wirklich immer einmal im Jahr? Diesmal nicht! Denn inzwischen werden auf Grund der Schweinegrippe reihenweise die Weihnachtstische umgekippt. So hat jüngst ein südschwedisches Unternehmen seinen dreitausend Angestellten mitteilen lassen, daß dieses Jahr das Massenessen ausfallen werde, anstatt eines gemütlichen Beisammenseins am Tische wird nun ein Massenausflug in den Zirkus im Frühling angesetzt. Die Mitarbeiter sehen die Sorgen ihres Arbeitgebers freilich ganz anders und sind leicht aufgeregt darüber, daß ihr geliebtes Julbord einfach abgesetzt wurde und glauben nicht daran, daß die Absage zum Schutze der Gesundheit getätigt wurde. Vielmehr bestehen sie darauf, daß ihr Julbord durchgeführt werde, so zumindest kann man dies in den >>> Dagens Nyheter vernehmen.

Und damit hätten wir eigentlich auch schon den zerstörten Weihnachtswahnsinn, förstörda julvansinnet, in Schweden bremst man leicht die Traditionen aus. Sicher, Weihnachten ist nun nicht total zerstört, ich würde niemals ein solches Szenario aufbauen, allerdings ist es schon interessant zu beobachten, wie die Nationen unterschiedlich berührt werden – angegriffen von der Schweinegrippe. In Deutschland wird ja mehr oder weniger geunkt, daß man Fußballspiele meiden solle, auf diesen Trichter ist man hier aber noch nicht gekommen. Ein schwerer Eingriff ist die Absage eines Julbord schon, für die Schweden. Ich selber feiere die Angst vor dem Virus, denn ich kann, es tut mir leid dies konstatieren zu müssen, mit dem Julbord nichts anfangen. Wie schon mehrmals bekannt gegeben, hasse ich Julmust, auch Janssons frestelse ist fern davon, mein Herz weihnachtlich aufleben zu lassen und bei Julskinka renne ich einfach nur noch weg, weit weg. Abzuwarten bleibt allerdings, inwiefern sich die Panik bis nach Falun vorarbeitet, bisher stehen zwei Einladungen zum Julbord in meinem Kalender, und bisher ergab sich keine Möglichkeit, diese mit dem Radiergummi vom Papiere zu fegen. Daher rücke ich davon ab, daß wir hier in Falun bereits einen zerstörten Weihnachtswahnsinn hätten, ganz im Gegenteil, der Vermieter stellt schon wieder Tannenbäume en masse in Höfen und Vorgärten auf, ich wurde gestern von Weihnachtsliedern beim Einkaufen gnadenlos und hinterrücks überwältigt und irgendwie rennen hier im Studentenwohnheim schon alle ganz panisch hin und her, weil Geschenke her müssen. Das Wort shopping wird inflationär durch die Flure gehallt und ich selber frage mich bei Ankunft dieses in meiner Ohrmuschel immer, was das eigentlich mit Weihnachten zu tun hat …

Aber was soll man machen, der Entzug vom Weihnachtswahnsinn ist schwerlich durchzuführen, ich säße sonst nur noch in meinem Kämmerlein und betrachtete die Wand. Daher schreiten wir also frohen Mutes gegen Schweinegrippe in den Wahnsinn und lassen Weihnachten einfach auf uns zukommen! In diesem Sinne sei die heutige Kurzausbildung in der schwedischen Sprache beendet und ein Gruß aus einem grauen und nicht winterlichen Falun, es regnet und regnet, in die Welt entsandt.

Durch die Welt getingelt!

Auch wenn dies in den letzten Tagen hier nicht wirklich ersichtlich war, entdeckbar sozusagen, trieb man sich meinerseits am Wochenende wieder in deutschen Gefilden herum, was, ich muß es an dieser Stelle einfach mal loswerden, trotz allen Spaßes und aller Freude recht anstrengend war, und zwar derartig, daß ich beim Rückflug zwischendurch mit dem Kopf gegen das Fenster knallte, um dann, es mußte ja während des Kurvens über der Ostsee sein, völlig die Orientierung im Raum zu verlieren; was dann im Kopfe für leichte Panik sorgte, das Hirn läßt sich doch so leicht überlisten.

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Kritische Momente!

Derer, lieber Leser, gab es in den letzten sieben Tagen zahlreich, und auf das Internet bezogen waren es doch zu viele. Ich erwähnte ja bereits in den vergangenen Wochen, daß ich mit dem Netz zu kämpfen habe, seit mein Internetprovider das System von Vertrag auf Vorausbezahlung umgestellt hat. Auch wurde meinerseits schon berichtet, daß ich meinem Vermieter (dem die techn. Infrastruktur hier gehört) und >>> NetIt, meinem Internetprovider, gewaltig auf die Nerven gehe, und zwar regelmäßig und mit entsprechernder Willenskraft, jedoch immer freundlich und die Contenance wahrend. Ein Ergebnis dessen war nun, daß am Donnerstag doch endlich mal ein Techniker von NetIt vorbeischaute, hier und da an meinem PC rumfummelte, versuchte, sich mit der deutschen Systemsteuerung auseinander zu setzen, um dann letzten Endes festzustellen: mein Rechner wäre es nicht, meine Zuleitung ist bombig und die Verbindung innerhalb des Britsennetzwerkes (also im Studentenwohnheim) vorbildlich. Leicht fassungslos gab ich meinerseits zu Protokoll, daß ich das schon festgestellt habe und dafür eigentlich keinen Techniker gebraucht hätte. Aber, und das war nun wirklich eine Neuheit, man erwähnte mir gegenüber, daß irgendwann im Sommer irgendwas technisches bei NetIt verändert wurde, man würde jedenfalls noch einmal den Netztechniker bemühen. Bis dahin müßte ich wohl aber mit dem leben, was mich durch die Leitungen erreichte … was dann folgendes wäre:

Ansutningsavbrott
Was nützen einem 30 Mb/s, wenn der Firefox mit ihnen nicht arbeiten kann?

Kritisch war auch der letzte Berlin-Aufenhalt. Nicht des Anlasses wegen, ganz gewiß nicht, es war eben nur das Moment der Abreise, welches anders als erwartet eintraf. Denn anstatt am Sonntagmorgen Ryanair nach Skavsta zu besteigen, schlummerte meine Wenigkeit weit in den Tag hinein, was folglich also dazu führte, daß ich das erste Mal in meinem Leben einen Flieger verpaßt habe. Nun war es nicht so, daß ich ihn nicht erreichen wollte, gewiß nicht, aber das Zusammenspiel mehrerer Umstände, seien sie nun (zwischen-)menschlicher oder technischer Natur, funktionierte nicht. Aber die Kirche nun im Dorfe lassend kann ich meinen, bei so vielen Flügen, die ich schon begangen und überlebt habe, darf ein Schnitzer mal in der Statistik auftauchen, ein kleiner zumindest. Schön war es in Berlin nämlich trotzdem, ich kann also gar nicht klagen, muß jedoch feststellen, daß kurzfristige Buchungen verdammt ins Geld gehen.

Besonders kritisch war es auch in unserer Küche in f-undre, irgendjemand konnte sich während meiner Abwesenheit nicht zusammenhalten und zertrümmerte eine Scheibe unserer „heiligen“ Küchentür. Zudem habe ich das erste Mal seit knapp 5 Jahren hier einen Mitbewohner in unserem Flur völlig aufgegeben und ignoriere ihn gänzlich. Muttersöhnchen, die einen Pasta-Topf sich seiner mehrere Tage überlassen, so daß er wachsen und gedeihen kann und die nach einer schriftlichen Bitte nach Reinigung meinerseits nichts anderes zu tun haben, als mein Englisch ebenso schriftlich zu korrigieren (es war ein F zuviel an einer Präposition, ich entschuldige mich an dieser Stelle offiziell beim Wort ‚of‘), entsprechen einfach nicht meinem Verständnis über friedvolles Zusammenleben mehrerer in einem Studentenwohnheim. Zudem hat, er muß so genannt werden, Mr. Überflieger in allen Lebensbereichen den Anspruch, der Beste zu sein und meint, er wäre der perfekte englischsprechende Student auf diesem Planeten, erstaunlich nur, daß ihn niemand versteht und nach jedem zweiten Satz nachfragen muß, was er da eigentlich von sich gegeben hätte. Ich bin übrigens nicht der Einzige, der seine Problemchen mit ihm hat und befürchte, es sollte ihm im Moment keinen Spaß hier machen. Aber jeder ist seines Glückes Schmied.

Das letzte kritische Ereignis setzte dann am Samstagabend ein, als hier im Wohnheim eine Nazi-Party gefeiert wurde. Mich hat es doch baß erstaunt, daß sie inzwischen bis nach Falun hochgekrochen sind, eigentlich spricht man in Schweden im Zusammenhang von Nazis immer nur von Schonen in Südschweden. Zudem frage ich mich ernsthaft nach den Intentionen jener, die diese Party organisiert (ein schwedischer Student hier im Wohnheim) und gefeiert (des Studenten nicht hier wohnende Freunde) haben. In unserem Hause leben so viele Kulturen unter einem Dach, die nicht, und ich bemühe nun einmal die Terminologie der historischen Vergangenheit, arisch sind und nicht der reinen Rasse angehören, was schon bei Haut- und Haarfarbe anfängt und natürlich bei der eigenen nationalen Identität aufhört. Mir ist noch nicht ganz klar, ob sie einfach nur geistig nicht ganz auf der Höhe sind und die Wirkung unterschätzt haben, ob sie provozieren wollten oder vielleicht sogar zu handfesten Auseinandersetzungen aufgelegt waren. Ich weiß es nicht. Jedoch war es äußerst befremdlich und irritierend soetwas hier in Falun zu sehen, zu hören und zu dulden. Zwar sind etliche Sachen auch in Schweden in diesen Belangen verboten, das erstreckt sich anscheinend aber nicht auf die bloße Formierung einer partyähnlichen Zusammenkunft. Man wird das wohl unter Beobachtung halten müssen.

Und zu guter Letzt, zwar auch ein Moment, aber vielleicht nicht so ganz und rein ein kritisches: kein Winter in Falun. Also eigentlich hätte der Schnee inzwischen hier sein sollen, bisher schlugen die Flocken leicht und sanft immer Mitte Oktober auf, in diesem Jahr waren sie bisher nicht in Falun zu sehen. Ich bedauere dies zutiefst, denn das jetzige Wetter schlägt einem doch leicht aufs Gemüt, denn seit meiner Landung in Arlanda am letzten Montag habe ich keine Sonne mehr gesehen, vernebelt ist es hier einfach, fast wie im nebeligen London. Aber Licht ist auf dem Weg, oder anders formuliert: spätestens Donnerstag sehe auch ich wieder Sonne, dann geht es nämlich (mal wieder) mit dem Flieger nach Berlin, und am Tage danach nach Hamburg, um live und in Farbe a-ha zu bestaunen, mit Schwesterherz Viola natürlich. Und mit diesem Lichtblick schließe ich an dieser Stelle, jedoch nicht ohne einen Gruß an die Lieben vom letzten Berliner Wochenende (das war wirklich heftig) zu richten, selbiges gilt natürlich auch für den Rest der Welt!

Böses Internet!

Es ist mal wieder ergreifend, wie wenig man in Schweden doch in lokalen Medien darüber erfährt, was eigentlich im Lande so vor sich geht. >>> In die Luft fliegende Atomkraftwerke werden hier genauso ignoriert wie der Zusammenbruch des landesweiten WWW, auch Internet genannt, der mich (und Teile Norddeutschlands, ich danke noch einmal für die Hilfe) bald in den Wahnsinn getrieben hätte, so mitten in der Nacht, weil eben nichts mehr ging. Schon gar nicht, versuchte man etwas auf den Uniserver hochzuladen, was ausgerechnet gestern um 23:59 Uhr absolut notwendig war, jedoch sabotiert wurde. Davon abgesehen, daß ich langsam aber sicher die Contenance verliere in Sachen Internet, weil es schon nicht ordentlich funktioniert, auch wenn der DNS-Server im Land der Trolle und Elche einwandfrei seinen Dienst versieht, was aber wohl oder übel, ich arbeite da übrigens noch an der Beweiskette, an meinem Provider liegt, war es gestern einfach nur eine schlechte Zeit seitens der Internet Infrastructure Foundation, kurz auch nur >>> .se gennant, ein Update völlig gegen die Wand zu fahren. Unabhängig davon, daß mein Rechner wieder sehr nahe dran war, Flugunterricht übergeholfen zu bekommen, war das Internet im schwedischsprachigen Raum bis heute nicht ganz bei Sinnen und in sich völlig unsortiert, was dann unter anderem auch den Uniserver derartig belastete, daß mehrere wichtige Funktionen einfach brach lagen.

Nun muß man aber nicht annehmen, die großen Medien des Landes würden hierüber informieren! Im Gegenteil: Ein RSS-Feed eines anderen Blogs in Schweden, ganz auf Deutsch geschrieben, war der erste Schritt zu einem Nachrichtenangebot, das wohl jeder Deutsche und jede Deutsche kennen sollte – die gute alte Tagesschau, die zu berichten wußte, daß irgendwas nicht >>> stimmte im Staate Schweden, so über Nacht und überhaupt. Einmal mehr frage ich mich, was um Himmels Willen in Schweden eigentlich reif für die Nachrichten ist und was sang- und klanglos in den Wind geschossen wird. Eine Antwort schuldet es mir noch, das böse Internet, das schwedische natürlich, die Nachrichtenseiten selbstverständlich.

PS. Wie durch ein Wunder (ich übertreibe maßlos) war meine Seite hiervon nicht betroffen – was vielleicht daran liegt, daß der Server in Dänemark steht?