Es wird (wieder) kalt!

Dies könnte wieder einmal in die Kategorie „Wer bietet mehr?“ einsortiert werden, so sie denn auf diesem Blog existierte, schwer umsetzbar sei nämlich die Vorstellung, Deutschland wartet inzwischen mit Temperaturen im Bereich jenseits der null Grad auf! Zwar frohlockt die Sonne täglich, die Farben explodieren wieder in alle Richtungen, aber kuschelwarm wäre wohl der falsche Ausdruck für die nächsten Tage hier in Falun. So eierten wir, man kann es nur noch eiern nennen, am heutigen Tage an der Zehn-Grad-Marke herum, die Nacht soll bei erfrischenden -1°C überstanden werden. Der Donnerstag gestaltet sich, so zumindest nach Angaben des schwedischen Wetterdienstes, ebenfalls angenehm kühl, am Tage werden noch maximal 5°C erreicht, die Nacht folgt dann mit leicht frostigen -5°C, worauf dann der Freitag sich wohl Mühe geben wird, die 4°C-Marke zu überspringen. Allerdings, es muß Falun eine gewisse Nachlässigkeit in Sachen „früher Winter“ unterstellt werden, denn >>> Schnee hatten wir bei uns noch nicht. Ganz anders sieht das schon im Norden von Dalarna aus – ca. 250 km nordwestlich von Falun ging der erste Schnee zu Boden, genauer gesagt in der Nähe von Idre/Nipfjället in der Kommune Älvdalen.


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Dennoch, es kann diese Faulheit seitens des Faluner Wetters vernachlässigt werden, bedenkt man, daß der Winter sich bisher immer ausreichend und ergiebig gehalten hat und seinem Namen alle Ehre macht, was ja in Deutschland, zumindest im nördlichen Teil, inzwischen kaum mehr der Fall ist, das Wort Winter ist ja dort mehr oder weniger zu einem Witz verkommen, zumindest in den letzten Jahren. Also warten wir einfach ab, was da auf uns zukommt; dieseits und jenseits der Ostsee – aus der Sicht von oben.

BILD meint: nr. 20

Auch wenn die BILD mal wieder meint, alles besser zu wissen und jederzeit die volle Übersicht weltweit zu haben, sei einmal mehr der Beweis angeführt: stimmt alles nicht!

So auch in Sachen >>> Überfall auf ein Bargelddepot in Västberga/Stockholm.


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Dieser Überfall wurde am heutigen frühen Morgen filmreif ausgeführt, dabei, und das stellt die BILD sehr richtig fest, ist „SEHR VIEL“* Bargeld gestohlen worden. Daraus aber zu schließen, „dass das Bargeld in der Region um die schwedische Hauptstadt knapp werden könnten [sic!]“* und dabei auch noch einen Finanzexperten in genau diese Richtung zu zitieren, ist wieder einmal mehr wunderbar dem Märchen Alice im Wunderland zuzuschreiben. Denn, zwar hat die Stockholmer Wirtschaft die Befürchtung, daß das Bargeld knapp werden könnte, aber nicht, weil es „SEHR VIEL“* Geld war, welches dem Bargelddepot abhanden gekommen ist, sondern:

Problemet är inte de pengar rånarna har kommit över. Pengarna kan man säkert återställa, säger Dick Malmlund, säkerhetsansvarig på branschorganisationen Svensk Handel.

– Det som är bekymmersamt är att rånarna skadat depån, vilket gör att man inte kan bedriva verksamhet där, fortsätter han.

Enligt Dick Malmlund är säkerhetsföretaget G4S depå i Västberga oerhört viktig för kontanthanteringen i Stockholm.

>>> Dagens Nyheter: Branschen befarar kontantbrist efter rånet i Västberga. (2009/09/23)

Und nun, da die meisten Leser des Schwedischen ja nicht mächtig sind, die sinngemäße Zusammenfassung des Ganzen auf Deutsch. Dick Malmlund, der von der BILD zitiert wird, sagt zwei entscheidene Sachen, nämlich daß das verschwundene Geld zweifelsohne ersetzt werden kann und daß das Bargeld in der Stockholmer Region knapp werden könnte, weil das Bargelddepot in Västberga eine zentrale Rolle bei der Verteilung dessen spielt, durch die massiven Beschädigungen auf Grund des Überfalls jedoch im Moment innerhalb des Verteilersystemes ausfällt. Er ergänzt im weiteren Verlauf des Artikels, daß der Ausfall des Depots nicht kompensiert werden könne, weil alle anderen Verteilerpunkte in der Region voll ausgelastet wären.

Es sei nun dahingestellt, wie man bei der BILD an die Informationen kommt, aber sie sind eben schlichtweg falsch. Der BILD-Artikel suggeriert, durch den Überfall und die hohe Beute ginge nun den Stockholmern das Geld aus, genau deswegen liefe „die Suche nach den Ganoven auf Hochtouren“*. Der Artikel der Dagens Nyheter hingegen, mit der direkten Zitierung von Dick Malmlund, stellt einfach fest, daß man sich in der Stockholmer Region einem Verteilungsproblem gegenüber sieht. Stockholm wird nun also nicht verarmen, weil „SEHR VIEL“* Geld den Besitzer gewechselt hat, schon gar nicht wird der Stadt die Kohle ausgehen*, vielmehr kann man im Moment einfach kein Geld an den Mann bringen. Aber das wäre natürlich zu weichgespült, pardon, es wäre SEHR VIEL weichgespült, wenn Ursache und Wirkung letzten Endes nur halb so dramatisch wären, also eigentlich undramatisch.

Daher wäre es am besten, wenn sich alle Stockholmer und Anrainer morgen auf dem Sergels torg versammelten und kollektiv ihre Plaste- und Elastebezahlkarten verbrennen, dann ginge Stockholm wohl wirklich die Kohle aus … allerdings auch nur wieder, weil man nicht an sie rankäme. Egal.

* = >>> BILD (online): Filmreifer Überfall in Stockholm – Räuber plündern Bargelddepot und flüchten per Hubschrauber (2009/09/23)

Sag mir wer Du bist, oder Du fliegst raus!

Ungewöhnlich, vor allem wenn man bedenkt, daß dies zukünftig in Schweden beim Bahnfahren gilt! Denn fast heimlich still und leise hat die schwedische Zuggesellschaft >>> SJ, die größte in unserem Lande, den persönlichen Fahrschein eingeführt, vorgestern genau genommen. Recht befremdlich wirkt dies, argumentiert SJ in ihrer >>> Mitteilung, daß ein persönlicher Fahrschein ja auch bei Schiffs- oder Flugreisen üblich sei, man täte also eigentlich nur das, was alle anderen auch machten. Verschwiegen allerdings wird in dieser Angelegenheit ganz einfach, daß nationale Schiffsreisen hiervon selbstverständlich ausgeschlossen sind – ich brauche in Stockholm beim Übersetzen von Slussen nach Djurgården natürlich nicht mit meinem Reisepaß winken – , der Vergleich zwischen Zug und Flug (sei es auch ein nationaler) hinkt schon deswegen, weil Züge eine ganz andere, vor allem hinsichtlich notwendiger Sicherheitsstandards, Infrastruktur zur Durchführung des Betriebes nutzen. Ein anderes Argument von SJ ist zudem, daß man mit der Einführung des persönlichen Fahrscheines, der mit einem Personaldokument beim Zugpersonal vorgezeigt werden muß, dem Schwarzhandel von Schnäppchenfahrausweisen vorbeugen will. Stimmen Name auf dem Fahrschein und dem Personaldokument nicht überein bzw. hat man eben ein solches Dokument nicht in der Hand, darf man sich als glücklicher Schwarzfahrer schätzen und, insoweit es das Gebaren von SJ hergibt, den Zug verlassen. Weiterhin argumentiert SJ mit der Servicekeule, man könne durch die neue Regel den Kunden leichter über Veränderungen bei der Reise unterrichten. Dies allerdings ist aus meiner eigenen Erfahrung  nicht nur Mumpitz, sondern glatt gelogen. Da ich am Bonusprogramm von SJ teilnehme, haben sie aber auch wirklich alles in Sachen Kommunikationsmittel von mir, was aber nicht verhindert, daß gebuchte Züge nicht fahren bzw. deren Fahrzeiten massiv geändert wurden, die Erlangung der Kenntnis hierüber aber nicht durch SJ erfolgte, sondern erst am Bahnhof durch „Frontalunterricht“ mir gegenüber.

Es ist bedauerlich, daß das Bahnfahren in Schweden durch dieses Vorgehen der Gesellschaft enorm erschwert wird. Einfach mal kurz mit dem IC von Falun nach Borlänge zu fahren, kann eine Tortour werden, hat meinen seinen Reisepaß einfach zu Hause liegen gelassen, wir reden hier übrigens von 25 km. Zudem stellt sich der schale Beigeschmack einer wie auch immer gearteten Überwachung ein. Denn natürlich erfahren die elektronischen Systeme, was der Passagier XY gebucht hat, wohin er gebucht hat, der Passagier kann aber in keiner Weise nachvollziehen, was genau mit seinen Daten passiert, auch wenn SJ versichert, die Daten würden nach einem Monat gelöscht. Wer das aber überprüfen soll und wird, bleibt im Moment ein Rätsel.

Der Aufschrei unter den Reisenden ist derweil mächtig, SJ bläst ein harter Wind entgegen. So schreiben aufgebrachte Leser beim >>> Svenska Dagbladet von einer „totalen Überwachung“,  sowas hätte es nicht mal in einer kommunistischen Diktatur gegeben, also die Kontrolle über das Reisen des Volkes (im eigenen Lande). SJ allerdings stellt ganz nüchtern fest, daß derjenige, der nicht sein Personaldokument vorzeigt, die Beförderungsbedingungen nicht erfüllen würde und dann auszusteigen hätte.

Ich selber habe im Moment noch keine richtige Meinung zu diesem Vorgang, denn aufregen kann ich mich nicht, mein Name steht schon seit Jahren auf den Fahrscheinen, durch das Punkteprogramm, auch wenn ich bisher nie meinen Paß vorzeigen mußte. Zu befürchten ist aber sicherlich, daß auch bei mir hier und da ein komisches Gefühl entstehen wird, wenn ich nun neuerdings auch noch nachweisen muß, daß ich derjenige bin, der ich zu sein scheine, laut Fahrschein. Ob das nun als flexibel und angenehm betrachtet werden, bleibt dem Leser, dem Reisenden und schließlich mir überlassen. Ich werde einfach aus der Praxis berichten, der nächste Zug zum Flug kommt bestimmt …

Bibliothek?

Ach ja, liebes Blog und geschätzte Welt da draußen, was soll ich heute nur berichten? Die blanke Verzweiflung mich des öfteren heimsuchte, in der Bibliothek, in Form von Studenten, Austauschstudenten, die nach Schweden reisten, ohne Unterkunft. Und dann standen sie bei mir in der Bibliothek, spät nachmittags sind wir der einzige geöffnete Teil der Uni, und fragten mich doch wirklich nach einem Zimmer. Schließlich wären sie jetzt aus Pakistan, Bangladesch und Nigeria angekommen, sie wären also da, jetzt, und bräuchten eine Unterkunft. Beim ersten habe ich noch irgendwie gedacht, ich hätte die gesamte Konversation völlig mißverstanden, mein Pendeln, das verbale, zwischen den Sprachen verwirrt in den ersten vierzehn Tagen nach dem Wiederaufschlagen schon gewaltig. Aber nein, mein Hirn mir nicht einen Streich spielte, man begehrte ein Zimmer von mir. Auch der Hinweis meinerseits, man befände sich in einer Bibliothek, konnte sie nicht davon abhalten, weil sie ja nun eben da wären, ein Zimmer einzufordern.

Nun denn, so ein Renke ist normalerweise ja ein höfliches Wesen und suchte dann hektisch nach Alternativen für die Gestrandeten, ob schon die Hütte heute voll war, werden doch zu Semesteranfang immer die Leihausweise aus Plaste und Elaste ausgebeben, was mit einer komplizierten Eingabe in das System verbunden ist. Aber um achtzehn Uhr ist weder der Vermieter zu erreichen noch ein anderer Verantwortlicher für die Austauschstudenten, wobei es auch nur bedingt deren Angelegenheit ist, Zimmer zu besorgen, das müssen die Studenten eigentlich selber machen. Natürlich fand man Jugendherbergen im Internet, die auch noch Zimmer frei hatten, das Mokiere darüber, daß man ja für diese bezahlen müßte, wurde dann aber doch leicht stressig – ich machte das Ganze ja fünfmal mit. Bunt allerdings wurde es dann richtig, als man mich anrauzte, weil ich weder ein Taxi ausgeben könnte noch den Laden dicht machte, um ihnen den Weg zu zeigen, für gewöhnlich arbeitet nämlich ab 17 Uhr nur noch einer in der Bibliothek, heute eben dann meine Wenigkeit. Höflich, aber dennoch bestimmt wies ich dann nach sinnlosen Diskussionen darauf hin, daß sie momentan in einer Bibliothek stünden, nach einem Zimmer verlangten und dann noch persönliche Assistenz zum Auffinden einer Adresse bräuchten – ob sie wirklich meinten, das dies zum Aufgabenbereich einer Bibliothek gehöre?

Naja, Ende des Liedes: was für ein Sauservice und wie unfreundlich doch die Schweden wären (ein Hinweis auf meine deutsche Staatsbürgerschaft wurde einfach geflissentlich überhört). Nach den ersten drei Diskussionen schwankte ich schon immer zwischen einem einfachen Nö beim Aufkommen der Frage der Unterkunft und einer kurzen schriftlichen Notiz auf einem Hinweisschild – We do not offer accommodation, please try again later. Letztlich allerdings hat dann der Servicegedanke in meinem Stübchen da oben gesiegt, ich habe einfach das breiteste Grinsen, das ich mit meinem Gesicht anatomisch formen kann, aufgesetzt und einfach alles über mich ergehen lassen. Sicher, hier und da zuckte es unfreiwillig in meinem Gesicht, aber das kann ja auch am Licht liegen, nicht wahr?

Und ansonsten wartet Schweden, als klitzekleine Nation, natürlich dringend auf den Start der Raumfähre Discovery, der ja heute morgen abgesagt wurde, das schlechte Wetter bei den Amis eben, denn soll doch der >>> Schwede Christer Fuglesang zum zweiten Mal ins All geschossen werden, worauf man hier mächtig stolz ist. Und so ganz unter uns: Ich finde das schon spannend, wie leidenschaftlich die Schweden an die ganze Sache rangehen, und freue mich natürlich mit ihnen mit, wenn denn Fuglesang dann hoffentlich morgen früh heil auf dem Weg zur Internationalen Raumstation (ISS) ist. Meine irdischen Probleme sollten ihm ja so nicht über den Weg laufen …

Soweit also der Stand aus Schweden, ich grüße und sage: Bis später!